
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Reklame auf der Datenbank
Babelsberger Firma entwickelte Technologie zur Werbespot-Erkennung – und ist in den USA Marktführer
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Babelsberg - 160 000 Werbespots flimmern täglich über die Bildschirme in den USA. Rund 500 Fernsehsender strahlen die Clips aus. In Deutschland sind es immerhin noch 8000 Spots, die die 15 wichtigsten Fernsehstationen täglich senden. Eine Goldgrube.
Um sie möglichst effizient auszubeuten, hat die Babelsberger Firma Adsolute GmbH die „Hienzsch-Box“ entwickelt, benannt nach ihrem Erfinder und Adsolute-Chef Ulrich Hienzsch. Auf dem US- Markt habe er sich bereits erfolgreich etabliert, nun wolle er den deutschen Markt erobern, sagte Hienzsch am Dienstag bei einem Besuch der SPD-Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein.
Die „Hienzsch-Box“, kaum größer als ein Aktenkoffer, ist mit einer einem vollautomatischen TV-Erkennungssystem ausgestattet. De facto „sehen“ die Computer fern und durchsuchen dabei alle Sender nach Werbespots – und zwar in Echtzeit. Noch während der Spot läuft, erkennt ihn die Software und lädt alle relevanten Informationen in eine Datenbank – Art und Länge des Spots etwa sowie die Zeit, zu der er im TV gelaufen ist. Mithilfe sogenannter Ratecards lässt sich dann ermitteln, wie viel das werbende Unternehmen für die Platzierung zu einer bestimmten Sendezeit bezahlt hat.
Vor allem für Marktforschungsunternehmen und Konkurrenten der werbenden Firmen sind derlei Informationen interessant. Bereits seit 2001 beliefert Adsolute das New Yorker Marktforschungsunternehmen Competitrack Inc. Dessen Chef Bob Moss nennt Hienzschs Entwicklung „das wahrscheinlich genaueste TV-Monitoring-System weltweit“. Laut Moss beziehen die meisten der 500 größten werbenden Unternehmen in den USA die Daten, die von der „Hienzsch-Box“ erfasst werden.
Im Gegensatz zu allen anderen Systemen arbeite seines auf der Erkennung von Bildern statt Tönen, sagte Hienzsch. Dadurch sei es möglich, auch kleinste Änderungen in den Werbefilmchen zu erfassen – etwa eine neue Telefonnummer oder eine Änderung der Farbgebung des beworbenen Produktes. Seines Wissens existiere weltweit nichts Vergleichbares, sagte Hienzsch. Auch die Online-Branche zeige bereits Interesse, sein EchtzeitMonitoring-System anzuwenden – für neue Apps, die Fernsehen und Internet miteinander vernetzen.
Seit zwei Jahren hat die Firma mit ihren sechs Mitarbeitern im FX-Center in der Medienstadt ihren Sitz. „Ungeheuer praktisch“ nennt Hienzsch die Nachbarschaft zu den vielen anderen TV-, Computertrick- und Filmfirmen. Inzwischen tüftelt der ehemalige Uni-Professor, der in Potsdam bereits das Extavium, die wissenschaftliche Mitmach-Welt für Kinder, mitbegründet hat, an neuen Entwicklungen. „Bonus TV“ heißt beispielsweise eine Neuerung, die bei Fernsehsendern bereits auf reges Interesse gestoßen sei. Während der Zuschauer einen Werbespot sieht, erscheint parallel auf seinem Handy- oder I-Pad-Display eine Quizfrage zum Clip. Beantwortet der Zuschauer sie richtig, erhält er Punkte auf dem „Bonus-TV“-Onlinekonto gutgeschrieben. Je nach Kontostand locken dann Rabatte, Gutscheine oder Ähnliches. Dieses System lasse sich auch auf TV-Serien übertragen, schwärmt Hienzsch. Sowohl für Fernsehsender als auch für ihre Werbekunden liegt der Nutzen auf der Hand: Zuschauern wird ein materieller Anreiz geboten, die Reklame nicht einfach abzuschalten.
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