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Landeshauptstadt: Rekordjäger der anderen Art

Das Behindertensportfest Oberlympics ist voller Geschichten junger Sportler und ihrer Helfer. Keiner lässt sich unterkriegen

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Robert Griebel ist auf dem Weg nach oben: Sorgsam klettert er auf die Cola-Kiste vor sich, hält sich fest. Per Seilzug gelangt eine neue Kiste zu ihm, die er vorsichtig auf den bedrohlich wackelnden Kistenturm stellt. Doch er fällt nicht um – und schon hat der 22-Jährige beim Kistenklettern den Rekord des Tages sicher. Der sehr schlanke Junge ist stolz: „Eigentlich kann ich noch mehr.“

Doch eigentlich hätte Robert Griebel unverschuldet auch fehlen können, gestern beim 6. Behindertensportfest Oberlympics auf dem Gelände des Berufsbildungswerk (BBW) des Potsdamer Oberlinhauses. Robert leidet oft an Kreislaufproblemen, gerade jetzt, wenn es heiß ist. „Mir wird dann schneller schwindelig.“ So geht es Robert schon immer, erzählt er – weil bei ihm kurz nach der Geburt eine Herzklappe riss und wieder genäht werden musste. Doch daran denkt er wohl nicht, als er den Mädchen um ihn herum verkündet: „Ich habe keine Höhenangst.“

Das Oberlympics-Fest ist voll von solchen Geschichten junger Menschen, die trotz kleiner oder großer Behinderung Sport machen wollen. 700 Schüler aus ganz Brandenburg werden am BBW zur Zeit in 30 verschiedenen Berufen ausgebildet, in dem Komplex in der Babelsberger Steinstraße gibt es 420 Internatsplätze. Ziel ist es, dass junge Menschen mit Behinderung eine normale Berufsausbildung absolvieren können.

Einer von ihnen ist Christian Ziegla, der gerade den Beruf eines Bürokaufmanns lernt. Seinen E-Rollstuhl steuert der 21-Jährige per Joystick. Auch er kann bei den Oberlympics mitmachen: Auf dem großen Hockey-Feld in der Halle spielt er „Rolli-Hockey“, vier gegen vier. Christian trainiert dafür jeden Montag, bald findet wieder ein Turnier statt. Die meisten Sportarten bleiben für den jungen Mann aber ausgeschlossen, wegen der mangelnden Kraft. Ein Junge neben ihm lenkt seinen Rolli mit dem Fuß am Joystick, damit sein einer funktionierender Arm den Hockeyschläger überhaupt halten kann.

Für manche Menschen ist das ein schmerzvoller Anblick. Nicht für Maria Schmidt. Die 21-Jährige lernt zwar auch am BBW, ist aber nicht behindert. Später möchte sie Heilerziehungspflegerin werden, für behinderte Menschen da sein. „Es ist wunderbar hier, die Menschen, das Umfeld“, schwärmt sie von ihrer Schule und gerade solchen Tagen wie gestern.

Denn die Oberlympics erzählen auch die Geschichten von Helfern. So hat dieses Mal erneut ein Semesterjahrgang der Sportwissenschaftler von der Uni Potsdam den Tag vorbereitet. Franziska Linke ist eine aus dem 45-köpfigen Team, das sich die knapp 80 Übungen für die BBW-Schüler ausgedacht hat. „Wir haben dafür zum Beispiel ausprobiert, in Rollstühlen Basketball zu spielen“, erzählt die 23-Jährige. Schwierig sei das gewesen – schon weil man so einfach nach hinten „wegkippen“ könnte wegen des gewöhnungsbedürftigen neuen Schwerpunkts: „Wir hatten später Schwielen an den Händen.“ Die Erfahrung Oberlympics will Franziska nicht missen. Denn natürlich hätten viele anfangs nicht recht gewusst, wie sie mit Behinderten umzugehen haben. Inzwischen ist sich Franziska aber sicher: „Sie wollen kein Mitleid, sondern ganz normal behandelt werden.“

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