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Homepage: Relativ rot – oder doch lieber Relativ grün? Am Montag wurde die Einsteinbar und das Wissenschaftsfilmfest im Kutschstall eröffnet

„Von wegen Wissenschaft ist trocken“, sagt eine Besucherin kichernd und nippt an einem mit pfirsichfarbener Flüssigkeit gefüllten Laborglas. Ausgefallene Namen wie „Quanten-Caipi“, „Relativ rot“ oder „Relativ grün“ tragen die Cocktails, die in der am Montag eröffneten Einsteinbar in der Gewölbehalle des Kutschstalls gemixt werden.

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„Von wegen Wissenschaft ist trocken“, sagt eine Besucherin kichernd und nippt an einem mit pfirsichfarbener Flüssigkeit gefüllten Laborglas. Ausgefallene Namen wie „Quanten-Caipi“, „Relativ rot“ oder „Relativ grün“ tragen die Cocktails, die in der am Montag eröffneten Einsteinbar in der Gewölbehalle des Kutschstalls gemixt werden. „Das sind natürlich alles ganz normale Drinks“, verrät der Barkeeper. Nur eine Zutat sei anders. Aber die kann er nicht verraten, denn die ist „relativ geheim.“ Fantasievoll gemixtes Hochprozentiges, das gibt es in der Einsteinbar noch bis Freitag, täglich ab 18 Uhr. Dazu steht Live-Musik auf dem Programm und später am Abend das wissenschaftliche Filmfest im Hof des Kutschstalls. Filmwelten unter freiem Himmel. Veranstalter der Woche ist die Einrichtung Wissenschaft im Dialog. Eigentlich sollte der Urenkel Ernst Machs hinter dem Tresen stehen, der Nachkomme des großen Einstein-Vorbilds. „Aber der Ersatz ist hundertprozentig gut“, ist sich Projektleiter Andreas Gundelwein inzwischen sicher. Und die Besucher sehen das ähnlich. Ein Glas des Hochprozentigem nach dem anderen geht über den Tresen. Die Gäste sitzen auf Barhockern oder liegen fast auf den loungigen Sofas, genießen die Atmosphäre, knabbern an Spießchen oder versuchen der Talkrunde mit dem Direktor der Archenhold-Sternwarte Berlin, Prof. Dieter B. Herrmann, zu folgen. „Einstein und die Wissenschaftspopularisierung“ ist das Thema, aber die Besucher sind zu laut, man kann den Professor kaum verstehen. RadioEins-Moderatorin Marion Brasch führt durch das Gespräch. Und sie hat nicht nur akustische Verständnisprobleme, wie sie zugibt. Sie sei über die Note drei in Physik nie hinausgekommen. „Aber ich bin total in meinen Physiklehrer verliebt gewesen“, scherzt sie. Den Auftakt für den Filmreigen macht Stanley Kubricks grotesker Verschwörungsfilm über den Kalten Krieg, „Dr. Seltsam und wie ich lernte die Bombe zu lieben“. Und schon die Zuschauer des Vorfilms „Kubrick, Nixon und der Mann im Mond“, der im Konferenzraum des Hauses der brandenburgisch-preußischen Geschichte gezeigt wird, kommen einer eigentümlichen Verschwörung auf die Spur. Die Bilder von den legendären ersten Schritten Neil Armstrongs auf dem Mond seien gar nicht dort entstanden, sondern in einem Studio gedreht worden, erklärt der Film. Stanley Kubrick habe in der damals noch stehenden Kulisse seines Weltraumklassikers „2001. Odyssee im Weltraum“ den berühmten Streifen gedreht. Klingt „relativ“ unwahrscheinlich? Es ist auch nur ein Bluff, erläutert der Medienwissenschaftler Dr. Peter Bexter im Anschluss. Der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete und von dem Fernsehsender Arte geförderte Film veranschaulicht, wie einfach Zuschauer von manipulierten Inhalten überzeugt werden können. „In den Medien muss nichts wahr sein, sondern wahrscheinlich", meint der Medienmann. Schnell zusammengeschnittene Interviews, die teilweise mit realen Persönlichkeiten wie etwa Donald Rumsfeld aber auch mit Schauspielern geführt wurden, würden ebenso in die Irre lenken, wie Bilder, die nicht unmittelbar etwas mit dem Gesagten zu tun haben. „Den Amerikanern traut man tatsächlich viel Schlimmes zu“, erklärt sich ein Zuschauer seinen Irrtum. Und doch, misstrauisch ist im Vorführraum jeder geworden. Aber das kann man ja auch auf die leckeren Cocktails schieben.

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