Von Thomas Gantz: Respektlos widerstanden
Die Handballer des 1. VfL Potsdam starteten am Samstag mit einem 28:28 (14:14) gegen den ASV Hamm in die neue Saison in der 2. Bundesliga Nord
Stand:
Zum Feiern war Alexander Urban zunächst schlichtweg zu ausgelaugt. Während es sich die Teamkollegen in der Kabine schon mit einem rasch herangeschafften Tablett voller Bierbecher gut gehen ließen, saß der Kreisspieler einige Minuten nach Spielende noch am Spielfeldrand und bekannte, „völlig ausgepumpt“ zu sein. Bei seiner Premiere als Zweitliga-Handballer des VfL Potsdam hatte der 29-jährige Kreisspieler zuvor in Abwehr und Angriff alles aus sich herausgeholt und mit vier Toren Anteil am 28:28 (14:14) des Aufsteigers gegen den Vorjahres-Tabellendritten ASV Hamm genommen.
Urban war innerhalb einer am Samstagabend in jeder Hinsicht gut funktionierenden Gemeinschaft ein guter, aber nicht der herausragende Spieler – dieses Kompliment gebührte diesmal anderen Potsdamern. Neben den beiden wieder für je eine Spielhälfte zwischen den Pfosten stehenden Torhütern Christian Pahl und Ariel Panzer überzeugten insbesondere Enrico Bolduan und Stephan Mellack mit Dynamik und Treffsicherheit. Bolduan, der gegen Hamm eine Leistung ablieferte, die ihn unentbehrlich macht, glaubte den VfL hinterher bereits nach diesem einen Spiel „in der neuen Spielklasse angekommen“.
Die gut 500 Zuschauer in der Sporthalle Heinrich-Mann-Allee sahen dies nicht anders. Sie begeisterten sich an der Art und Weise, wie die Gastgeber dem ohne seine Leistungsträger Marcus Hock und Frank Schuhmann antretenden Favoriten widerstanden. Christian Pahls vorsichtig geäußertem Hinweis, man hätte vor drei Jahren in der 2. Bundesliga ebenfalls mit einem Unentschieden angefangen und sei später häufig eingebrochen, ließe sich nach diesem Auftakt widersprechen. Wirkte der VfL damals oft seltsam gehemmt, ließ er sich vorgestern auch nicht von einer mehrminütigen Zwangspause durch einen Computerausfall kurz vor Spielende beeindrucken oder durch die kurzfristige Ausmusterung Andrzej Bieganskis in seiner Konzentration beeinträchtigen. In der Mannschaft war der „Fall Bieganski“ vor dem Saisonauftakt ein großes Thema, wie ein VfL-Führungsspieler bestätigte.
Die Potsdamer wandelten am Samstag in der Anfangsphase binnen acht Minuten ein 1:3 in ein 8:4 um und hatten fortan auch Hamms Trainer Kay Rothenpieler derart beeindruckt, dass er hinterher bekannte: „Ich bin schon mit gemischten Gefühlen hergefahren und letztzlich froh, nicht verloren zu haben.“ Peter Melzer gab sich bei der Beurteilung des Punktgewinns zurückhaltend. „Warten wir mal ab, was am kommenden Wochenende in Rostock passiert. Wirklich hart wird dann das nächste Heimspiel gegen Altenholz. So ein Ding musst du gewinnen, wenn du nicht gleich wieder absteigen willst. Heute haben wir uns den ersten von vielleicht sechsundzwanzig nötigen Punkten geholt“, warf der VfL-Trainer im Foyer der Spielstätte in die Runde.
Der Anfang ist gemacht – und er machte Lust auf mehr.
1. VfL Potsdam: Pahl, Panzer; Pohlack 5, Melzer 1/1, Bolduan 6, Mellack 5, Kohnagel, Piske, Takev, Schmidt 4, Urban 4, Kübler, Sommer, Schugardt 3.
Thomas Gantz
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