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Aus dem GERICHTSSAAL: Richter: Keine Notwehr

Am Messer befanden sich Blutspuren des Täters

Stand:

300 Euro Geldstrafe tun Andreas A.* ziemlich weh. Noch mehr schmerzt den Hartz IV-Empfänger allerdings die Erkenntnis, jetzt vorbestraft zu sein. „Ich habe mich doch nur gewehrt“, beteuert der Angeklagte. Die Tat geschah bereits am 9. Dezember 2006 in der Waldstadt. Kurz nach Mitternacht soll Andreas A. dort den ebenfalls arbeitslosen Bernd B.* geschlagen, den am Boden Liegenden getreten, ein Messer gezückt und angekündigt haben, ihn abzustechen. Das Opfer erlitt diverse Prellungen im Bereich des Oberkörpers und musste ärztlich versorgt werden.

„Der Mann war total betrunken und hat mich immer wieder angemacht“, erzählt Andreas A. „Ich habe ihn weggeschubst. Da ist er gleich hingefallen. Es stimmt nicht, dass ich ihn körperlich attackiert habe. Und ein Messer habe ich auch nicht gezogen.“ Stirnrunzelnd lauscht der Amtsrichter der Aussage des Angeklagten. Dann hält er ein Klappmesser mit 9,5 Zentimeter langer Klinge in die Höhe. „Gehört das Ihnen?“, fragt er. „Es wurde von der Polizei in Tatortnähe gefunden.“ Der Angeklagte identifiziert das Taschenmesser als sein Eigentum. Allerdings beteuert er: „Ich habe aber niemanden damit bedroht.“

Das Gutachten des Landeskriminalamtes besagt hingegen, sowohl auf dem Griff als auch der Klinge befanden sich Blutanhaftungen von Andreas A. „Wie erklären Sie sich die Spuren? Die hat ja keiner da hingezaubert. Das Messer war eindeutig offen“, hakt die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft nach. Andreas A. beruft sich jetzt auf Alkohol – im Übermaß genossen. Daher habe er nur nebulöse Erinnerungen. Dann fällt ihm doch etwas Konkretes ein. „Ich habe von hinten einen Riesenschlag auf den Kopf gekriegt und geblutet wie ein Schwein. Die Wunde musste sogar genäht werden.“

„Mein Anwalt hat mir geraten zu schweigen, um mich nicht selbst zu belasten. Es gibt nämlich auch ein Verfahren gegen mich“, berichtet Bernd B. im Zeugenstand. Zwei Brüder, 22 und 23 Jahre alt, beobachteten das nächtliche Geschehen eine Weile, griffen dann ein und alarmierten die Polizei. Vor Gericht erinnert sich der Jüngere: „Der eine Mann hat dem anderen eine Bierpulle hinterhergeschmissen. Dieser hatte ein Messer in der Hand. Aber wer nun welcher war, kann ich nach der langen Zeit nicht mehr sagen.“

„Mit 0,84 Promille waren Sie zur Tatzeit nicht so besoffen, dass Sie sich auf Gedächtnislücken berufen können“, wendet sich der Richter an den Angeklagten. „Gefährliche Körperverletzung, wie angeklagt, konnten wir Ihnen nicht nachweisen, die Bedrohung mit dem Messer schon. Da können Sie sich auch nicht auf Notwehr berufen.“ (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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