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Aus dem GERICHTSSAAL: Richterin: „Das ist etwas für den Pfarrer“

Monika M.* (63) sähe ihren Sohn Martin* am liebsten in psychologischer Behandlung.

Stand:

Monika M.* (63) sähe ihren Sohn Martin* am liebsten in psychologischer Behandlung. Sie glaubt, er ist seelisch krank, hält ihn für gefährlich. Bei der Polizei zeigte sie den 39-Jährigen deshalb wegen Körperverletzung und Bedrohung an. Am 27. Juli 2010 soll Martin M. seiner Mutter nach einem Streit angekündigt haben, sie umzubringen, ihr seine Hände um den Hals gelegt haben. Jetzt sitzt Martin M. auf der Anklagebank. Sollte er verurteilt werden, schwebt außer der verhängten Sanktion auch der Widerruf einer Bewährungsstrafe über ihm. Hinter Gittern möchte Monika M. ihren Filius eigentlich nicht wissen, auch wenn sie Angst vor ihm hat. Im Prozess tritt die Frau als Nebenklägerin auf. Leicht fällt ihr dies nicht. Sie kämpft mit den Tränen. „Der Vorfall ist nur die Spitze des Eisbergs“, so die Anwältin von Monika M. „Die Polizei steht sehr oft vor der Tür, weil wieder etwas passiert ist. In den vergangenen zwei Jahren gab es ganz erhebliche Gewalttätigkeiten, die meine Mandantin nicht angezeigt hat.“

„Das ist wohl mehr etwas für den Pfarrer oder das Familiengericht“, fasst Strafrichterin Waltraud Heep den Akteninhalt zusammen. „Ich bin weit davon entfernt, den Angeklagten in eine Therapie-Einrichtung einweisen zu können.“ Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft grollt: „Man kann die Justiz nicht vor den Karren familiärer Probleme spannen. “

„Meine Eltern scheinen nicht zu begreifen, dass ich gewillt bin, mein Leben auf die Reihe zu kriegen“, wirft Martin M. ein. Um das seit Kindertagen angespannte Verhältnis zu seiner Mutter zu entzerren, sei er aus dem gemeinsam gebauten Doppel-Haus am Stadtrand ausgezogen. Derzeit wohne er bei einer Freundin, sei aber „noch nicht so richtig angekommen“. „Die Teilungserklärung des Hauses ist beim Bauamt beantragt“, sagt der Kahlgeschorene. Er werde seine Hälfte verkaufen, danach neu durchstarten. Bodo Zielonka, sein Verteidiger, ergänzt: „Mein Mandant befindet sich bereits in Therapie. Er ist dabei, seine Vergangenheit aufzuarbeiten.“ Ernst gemeint habe er seine Drohung an jenem Sommertag nicht, versichert Martin M. am Rande des Prozesses. Sie sei ihm in Rage herausgerutscht. Auch der vermeintliche Angriff auf den Hals der Mutter sei nicht so dramatisch gewesen. „Sonst wäre nicht einfache Körperverletzung angeklagt“, stellt der Verteidiger klar. „Die Lösung dieser verfahrenen Situation ist durch ein Strafurteil nicht möglich“, konstatiert Richterin Heep und stellt das Verfahren gegen Martin M. wegen geringer Schuld ein. Allerdings müsse er einen Täter-Opfer-Ausgleich „unter der Moderation einer ausgebildeten Person“ absolvieren. „Das bringt aber nur etwas, wenn sich Ihre Mutter auch einverstanden erklärt.“ „Das hätte man viel eher machen sollen“, meint der Angeklagte. Auch seine Mutter Monika M. scheint erleichtert. (*Namen geändert.) Hoga

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