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Aus dem GERICHTSSAAL: Richterin: Ein heftiger Vorfahrtverstoß

Fahrgäste durch Notbremsung des Straßenbahnfahrers verletzt / Geldstrafe für schuldigen Autofahrer

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Aus dem GERICHTSSAALFahrgäste durch Notbremsung des Straßenbahnfahrers verletzt / Geldstrafe für schuldigen Autofahrer „Wenn der Straßenbahnfahrer nicht gebremst hätte, hätte es auch keine Verletzten gegeben“, betont Conrad K. (35, Name geändert) in seinem letzten Wort. Leider vergisst der arbeitslose Diplom-Ingenieur dabei, dass er es war, der der Combino die Vorfahrt nahm und deren Fahrer zu diesem Manöver zwang. Conrad K. befuhr am Spätnachmittag des 17. April 2004 mit seinem Auto die Berliner Straße aus Richtung Glienicker Brücke. Eigentlich wollte er auf die Nutheschnellstraße einbiegen, verpasste es jedoch, sich rechtzeitig links einzuordnen und fuhr weiter. Die neben ihm an der Haltestelle Holzmarktstraße anfahrende Tram will er nicht bemerkt haben, als er sich entschloss, auf die Gleise zu fahren, um zu wenden. „Dabei habe ich die Straßenbahn in Höhe des Fahrerhauses erwischt“, erinnert sich der wegen fahrlässiger Körperverletzung Angeklagte. Die Staatsanwältin kann es nicht glauben. „Die Bahn hat zuvor im Haltestellenbereich gestanden. Das kann Ihnen nicht entgangen sein, als Sie daran vorbeifuhren.“ Dem Straßenbahnfahrer sei gar keine andere Wahl geblieben, als eine Notbremsung einzuleiten. Bei dem plötzlichen Stopp wurden drei Fahrgäste verletzt. Am schlimmsten erwischte es die 72-jährige Maria F. Sie erlitt eine Kopfplatzwunde sowie ein Schädel-Hirn-Trauma und musste drei Tage im Bergmann-Klinikum bleiben. Eine Touristin wurde aus dem Sitz geschleudert, prellte sich das Brustbein. Stefan F. (20) zog sich eine blutende Wunde an der Stirn zu. „Der Autofahrer hätte bloß zehn Meter weiter fahren müssen, um gefahrlos wenden zu können“, erläutert Straßenbahnfahrer Frank W. (42) im Zeugenstand. „Ich schaute in den linken Außenspiegel und fuhr los. Im selben Augenblick setzte sich der Wagen des Angeklagten in Bewegung und blinkte links.“ Trotz sofortiger Gefahrenbremsung sei es ihm nicht mehr gelungen, eine Kollision mit dem Kfz zu verhindern. „So ein Combino wiegt ein paar Tonnen. Es dauert eine Weile, ehe er steht.“ Die Verletzungen der Fahrgäste seien eindeutig auf das Fehlverhalten des Angeklagten zurückzuführen, stellt die Staatsanwältin unmissverständlich klar. Sie beantragt, den Potsdamer zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 Euro (1200 Euro) zu verurteilen. Dem Verteidiger erscheint diese Sanktion entschieden zu hoch. Schließlich sei sein Mandant bislang tadelsfrei durchs Leben gegangen, falle nicht einmal in der Flensburger Verkehrssünderkartei negativ auf. Außerdem seien bei den Verletzten keine bleibenden Schäden zu befürchten. Amtsrichterin Judith Janik folgt „wegen des heftigen Vorfahrtverstoßes“ dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

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