Aus dem GERICHTSSAAL: Richterin: Liebestoll und leichtsinnig Internetbekanntschaft
prellt Arzt um 5000 Euro
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Melanie M.* (33) wirkt mit ihrem Haarknoten und der Brille wie die fromme Helene. Dass sie sich im Internet als liebestolles Luder geoutet haben soll, mag man kaum glauben. Kurios auch, dass ein gestandener Mann, Arzt, verheiratet und dreifacher Vater, auf ihre Avancen hereingefallen sein, ihr gar 5000 Euro geborgt haben soll, ohne den wahren Namen und die Adresse seiner Chat-Partnerin zu kennen. Kaum verwunderlich allerdings, dass er bis heute auf die Rückzahlung des Darlehns wartet.
„Ich bin unschuldig“, beteuerte die wegen Betruges Angeklagte gestern vor Gericht. „Ich habe von diesem Mann kein Geld bekommen.“ Entgegen dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft habe es lediglich ein Treffen, und zwar am 18. Dezember 2002, mit Dr. Thomas T. gegeben. Bei diesem sei er mit einem riesigen Rosenstrauß aufgetaucht, habe ihr im „Mövenpick“ seine Zuneigung gebeichtet. Sie habe ihm allerdings klipp und klar zu verstehen gegeben, dass sie verheiratet und junge Mutter sei, keinen weiteren Besuch wünsche. „Er hat mich danach mit E-Mails, SMS und Telefonanrufen bombardiert. Er fühlte sich zurückgesetzt und drohte sogar, mich in den Knast zu bringen“, so Melanie M.
„Es war eine Geschichte von Kontaktaufnahme und Kontaktabbrüchen“, brachte Dr. Thomas T.* (52) die merkwürdige Beziehung auf den Punkt. Glaubt man seiner Aussage, sei es die Angeklagte gewesen, die ihn im Liebeswahn verfolgte. „Gleich nach unserem Kennenlernen im Chatroom schrieb sie mir, sie habe ein großes Haus, ich solle mit ihr leben. Von unserem ersten Treffen war ich allerdings ein bisschen enttäuscht. Sie schien mir etwas gehemmt, dann wieder überschäumend.“ Daheim hätten ihn bald zahlreiche E-Mails und Handy-Kurznachrichten voller Sympathiebekundungen erreicht. Zum Beweis dessen legte der Mediziner dem Gericht entsprechende Ausdrucke vor, auch einen von der Angeklagten unterschriebenen – allerdings mit falschen Personalien versehenen – Beleg eines Darlehns über 5000 Euro. Leider habe er sich an jenem 16. Januar 2004 den Ausweis der Frau nicht zeigen lassen, bedauerte der Zeuge. „Aber sie sagte, sie hätte sich für mich entschieden, und ich würde das Geld binnen eines halben Jahres zurück kriegen.“ Danach sei der Kontakt zu Melanie M. vollständig abgebrochen.
„Liebestoll und leichtsinnig“, konstatierte Amtsrichterin Kerstin Devriel, stellte dann das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gegen Zahlung einer Geldbuße von 5000 Euro an den geprellten Arzt ein. Auch die angeblich unschuldige Melanie M. war einverstanden. Sechs Monate hat sie Zeit, dieser Auflage nachzukommen. (*Namen geändert.) Hoga
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