Landeshauptstadt: Richtfest für ein Modell der Gloriette
Verein Agaphi strebt Wiederaufbau an
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Innenstadt - Richtfest für ein Modell wurde gestern in der Wilhelm-Galerie gefeiert. Der Modellbauer Siegfried Lieberenz stellte den verkleinerten originalgerechten Nachbau des 1739 von Jan Boumann d.Ä. auf dem Bassinplatz errichteten Lusthäuschens Gloriette vor und setzte das von einer Wetterfahne mit Nixe bekrönte Dach auf. Er geht von den Originalbauzeichnungen aus und verwendet wie schon für sein unlängst fertiggestelltes großes Modell der Garnisonkirche Miniaturbacksteine eines spanischen Herstellers, die mit einem löslichem Maismehlmörtel zusammengefügt werden. Sie werden in einem Spielwarengeschäft in der Wilhelm-Galerie angeboten.
Für die Aktionsgemeinschaft für den Aufbau der Potsdamer Historischen Innenstadt (Agaphi), der Lieberenz angehört, las der Vorsitzende Norbert Blumert den Richtspruch. Der Agaphi-Ehrenvorsitzende Hans-Peter Warnecke bekräftigte, dass das „Tabakhäuschen“ wieder aufgebaut werden sollte. Die Bewohner des Holländischen Viertels und angrenzender Innenstadtgebiete brauchten einen Bürgertreffpunkt, zumal eine solche Einrichtung im als Landtag wiederaufzubauenden Stadtschloss nicht vorgesehen sei. Strittig ist allerdings der Standort für einen Rekonstruktionsbau der Gloriette. Das Bauwerk war 1946 für den Sowjetischen Ehrenfriedhof abgerissen worden, der durch ein deutsch-russisches Abkommen dauerhaft unter Schutz steht. Agaphi empfiehlt deshalb für den Wiederaufbau ein östlich des Ehrenfriedhofs gelegenes früheres Rondell.
Dagegen haben Denkmalpfleger Bedenken, so auch der Vorsitzende des Fördervereins zur Pflege niederländischer Kultur, Hans Göbel. Gezeigt werde das Modell aber im nächsten Jahr im Jan-Boumann-Haus des Vereins auf jedem Fall. Es soll dann laut Göbel Bestandteil einer Ausstellung über die Geschichte und die Perspektiven des Bassinplatzes sein. Hier mitten im belebten Holländischen Viertel könne es erhebliche Publikumswirksamkeit erreichen.
Agaphi bleibt dennoch optimistisch, dass Potsdam das legendenumwobene Baudenkmal zurückerhält. Im Volksmund war es fälschlich als „Tabakshäuschen“ bezeichnet worden, obwohl das berühmte Tabakskollegium des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. hier niemals getagt hat. Nur einmal, wenige Monate vor seinem Tode, besuchte der bereits schwerkranke Monarch das gerade fertiggestellte Lusthäuschen. Dazu setzte er mit dem Kahn über, denn die Gloriette stand damals noch inmitten eines großen Wasserbassins, das dem Bassinplatz den Namen gab.
Indes hat Siegfried Lieberenz noch einige Wochen zu tun, um das Modell fertigzustellen. Die nach Originalzeichnungen detailgetreue Nachfertigung der Fenster, Fensterläden und ornamentverzierten Türen im Miniformat mit ihren Oberlichtern stellt eine echte Herausforderung dar. Auch die Kartusche über dem Eingang, deren Inschrift auf den Bauherren König Friedrich Wilhelm I. hinweist, wird am Modell wieder zu sehen sein.
Erhart Hohenstein
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