Landeshauptstadt: Risiko Randale
Nach den Ausschreitungen um das Spiel zwischen dem SV Babelsberg und Lok Leipzig prüft der Fußballverband Konsequenzen. Warum die Fans nicht besser getrennt wurden, ist jedoch unklar
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Babelsberg - Die Ausschreitungen um das Fußball-Regionalligaspiel zwischen dem SV Babelsberg und Lok Leipzig am Samstag könnten noch ein Nachspiel haben. Das Sportgericht des zuständigen Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) werde über Konsequenzen für einen oder beide Vereine entscheiden, so NOFV-Spielbetriebsleiter Wilfried Reimer. „Sowohl der Schiedsrichter als auch ich haben einen Bericht über die Vorfälle verfasst“, sagte er. Solche Konsequenzen können Geldstrafe oder auch ein teilweiser Ausschluss von Zuschauern sein. Auf Babelsberger Seite geht man jedoch davon aus, dass sich Sanktionen des Verbandes nur gegen Lok Leipzig richten können und sieht sich selbst in der Opferrolle.
Am Samstag war es bereits vor dem Spiel am ersten Spieltag der neuen Saison der Regionalliga zu Auseinandersetzungen gekommen. Nachdem gewaltbereite Fans der Gästemannschaft aus Leipzig bereits bei der Anreise das Innere eines Zuges beschädigt und auf dem Weg vom S-Bahnhof Babelsberg weiter randaliert hatten, eskalierte die Situation laut Polizei erstmals am Karl-Liebknecht-Stadion. Rund 50 der etwa 1000 Lok-Fans war es gelungen, eine Vorkontrolle zu durchbrechen und unkontrolliert ins „Karli“ einzudringen. Aus dem Lager der Lok-Fans wurden zudem laut Polizeiangaben rechte Parolen skandiert. Unter anderem sollen Lokfans Slogans wie „Wir sind Lokisten, Mörder und Faschisten“ gebrüllt haben. Die Polizei ermittelt wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. In der zweiten Halbzeit war das Spiel sogar für acht Minuten unterbrochen, weil Anhänger von Lok Leipzig über die Zäune auf das Spielfeld und in den angrenzenden Block der Babelsberg-Fans geklettert waren. Weder Ordnungsdienst noch Polizei hatten sie daran gehindert. Dabei wurden Steine und mit Wasser gefüllte Ballons geworfen. Die Situation beruhigte sich erst, als die Polizei ihre Präsenz verstärkte.
Insgesamt waren nach Polizeiangaben 300 Beamte im Einsatz. Bei den Ausschreitungen wurde ein Polizeibeamter verletzt. Zwei Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. Zudem sprach die Polizei 15 Platzverweise aus. Gegen sechs Personen wurde Strafanzeige erstattet. Warum die unterschiedlichen Fangruppen nicht getrennt wurden, konnte die Polizei am Montag auf PNN-Anfrage nicht beantworten.
„Die Auseinandersetzungen betrafen nur einen kleinen Teil des Stadions und werden sich hoffentlich nicht wiederholen“, teilte der SV Babelsberg am Montag mit. Nicht alle Gästefans hätten sich an den verbalen Entgleisungen sowie an den gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt, so der SVB. Auch die Würfe von Gegenständen aus dem Babelsberger Fanblock werden nicht für gut geheißen, hieß es. Es müsse jedoch klar sein, dass das Verhalten eines Teils der Gästeanhänger nicht im Ansatz mit dem Verhalten der Babelsberger Fans gleichgesetzt werden darf. Aktion und Reaktion müssten in den richtigen Kontext gesetzt werden.
Dass es kein gewöhnliches Spiel werden würde, sei von vornherein klar gewesen, so Sven Steffens, der mit seiner Securityfirma ESC mit für den Ordnungsdienst in und um das Karl-Liebknecht-Stadion verantwortlich war. „Das Spiel war ein sogenanntes Sicherheitsspiel“, sagte er: „Deshalb waren wir auch mit 20 Leuten mehr vor Ort.“ Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei gut gewesen. Seine Ordner waren überwiegend mit der Einlasskontrolle beschäftigt und hätten sich zwischen den Leipziger Gästen und dem Babelsberger Fanblock aufgehalten.
Anhänger von Lok Leipzig haben in der Vergangenheit mehrfach durch Randale auf sich aufmerksam gemacht. Höhepunkt war eine regelrechte Straßenschlacht am Rande eines Landespokalspiels gegen Erzgebirge Aue im Jahr 2007, als 800 Randalierer 300 Polizisten einkreisten. 36 Beamte wurden verletzt und 21 Einsatzfahrzeuge und zahlreiche Straßenbahnen beschädigt. Mehrere Fangruppierungen von Lok Leipzig werden vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.
Auch auf der Rückreise hatten einige Leipziger offenbar noch nicht genug. In einem Regionalzug kam es zu weiteren Ausschreitungen. Betrunkene Lok-Anhänger sollen sich entblößt, den Hitlergruß gezeigt und rechtsradikale Parolen gegrölt haben. In Wiesenburg (Mark), wo der Zug wegen eines Unwetters wartete, sollen sie einen Imbiss besetzt haben. Der Bundespolizei waren am Montag jedoch keine Anzeigen wegen der Vorfälle bekannt.
Auf das nächste Risikospiel muss der SV Babelsberg allerdings nicht lange warten: Schon am 18. August ist der FSV Zwickau im „Karli“ zu Gast, dessen Anhänger auch teilweise als problematisch gelten. Marco Zschieck (mit mm)
Marco Zschieck (mit mm)
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