Landeshauptstadt: Rockige Newcomer und Soundvielfalt
„Keimzeit“ präsentierte alte und neue Songs in bunten Klanggewändern
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Lächelnd summt er leise die Songs mit. Nicht nur „Kling Klang“, Jörg kennt auch die holperigeren Texte des gesamten Repertoires, er sammelt die CDs von „Keimzeit“. Ein breitkrempiger Hut schützt den 39-Jährigen aus Werder/Havel vor der sengenden Sonne. Darunter wandern die Augen des bärtigen Mannes, der auf oberster Stufe der voll besetzten Treppe im Lustgarten steht und über die bunte Menschenmenge vor der Bühne blickt, auf der Norbert Leisegang, Sänger von Keimzeit, gerade von „Maggie“ singt. „Maggie“ – die mit den glänzenden Augen – ist ein Song aus dem Jahr 1991. Keimzeit greift beim Auftritt auf dem Stadtwerke-Festival noch tiefer in die musikalische „Mottenkiste“ und spielt eine Coverversion von „Mensch Meier“, ein Stück der Westberliner Anarcho-Band „Ton, Steine und Scherben“ aus den frühen siebziger Jahren. „Instrumental und Text mäßig spitze“, findet Jörg, „besonders diese Mischung von ganz alten und ganz neuen Sachen“.
Stimmt! Mit mehr als 25 Jahren Bühnenerfahrung und mittlerweile acht Studioalben können Keimzeit nicht nur auf einen großen Songfundus zurückgreifen, die Musiker sind auch mit ihrem Sound sehr variabel. Mit verzerrten Gitarren bei „Kapitel elf“ fangen sie an, dann wird es ruhiger mit typischer Keimzeit-Klavier- und Saxophon-Dominanz, bevor es klangliche Ausflüge in Bluegrass-, Jazz-, Latin- und Countrygefilde zu hören gibt.
Vielleicht sind es die Newcomer „Revolverheld“ aus Hamburg, die Keimzeit zum rockigen Einstieg inspirieren? „Wir schießen mit deutschen Texten und Gitarrenmusik“, erklärt Gitarrist Kristoffer Hünecke (28) kurz vor dem Auftritt den griffigen Bandnamen. Die „Revolverhelden“ zählen sich zur „Generation Rock“. „Unsere Vorbilder sind Guns and Roses, Nirvana und Pearl Jam“, sagt Bassist Florian Speer (29). Handgemachte Rockmusik auf die Bühne zu bringen, sei ihr Beweis, „dass unsere Generation nicht aus Versagern besteht“, behaupten beide. So kurz vor demAuftritt wirken die jungen Musiker nicht nervös, sie haben Festivalerfahrung, spielten in Wien vor 30 000 Menschen. „Revolverheld“ stehen in der Tradition von Rock-Ikonen wie Deep Purple, deren Musik sie auf ein „zeitgemäßes Level“ bringen wollen. „Gar nicht altmodisch“, findet Katja (16) deshalb die Musik von „Revolverheld“. Beim letzten Stadtwerke-Festival fand die junge Potsdamerin „Subway to Sally“ toll und für das nächste wünscht sie sich die Berliner-Kult-Band „Die Ärzte“.
Auf dem Wunschzettel von Peter Paffhausen stehen hingegen seit langem ZZ-Top. Seit Jahren versucht der Chef der Stadtwerke die texanischen Bluesrocker für das Stadtwerke-Festival zu bekommen. „Es hätte fast geklappt, aber skandinavische Veranstalter schnappten sie uns weg“, so Paffhausen, der aber meint, dass man mit „City“ und Peter Maffay, der den Karat-Hit „Über sieben Brücken“ in Westdeutschland bekannt machte, auch einer politischen Aussage treu bleibe, die dieser Region gerecht werde. Mit „Deep Purple“ hätte es für dieses Festival fast geklappt – „vielleicht im nächsten Jahr“, so Paffhausen.
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