DASwar’s: Rolling Stones und Pfirsichkerne
Vergangenen Donnerstag habe ich mit einem guten alten Freund telefoniert. Im Laufe des Gesprächs hat er mir erzählt, dass er in der Nacht Punkt null Uhr am Computer sitzen und versuchen wird, Karten für ein Rolling-Stones-Konzert zu kaufen.
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Vergangenen Donnerstag habe ich mit einem guten alten Freund telefoniert. Im Laufe des Gesprächs hat er mir erzählt, dass er in der Nacht Punkt null Uhr am Computer sitzen und versuchen wird, Karten für ein Rolling-Stones-Konzert zu kaufen. Die spielen in diesem Sommer in der Waldbühne in Berlin und es wird wohl schwierig sein, Karten zu bekommen. Sagt er.
Rolling Stones! Die waren schon alt, als wir zur Schule gingen. Das ist fast 30 Jahre her. Wir hörten damals Bruce Springsteen, Kim Wilde, U2 und Neue Deutsche Welle. Wer auf die Stones stand, war ein Angeber, der so tat, als hätte er besonders Ahnung von Musik.
Ich hatte keine Ahnung. Lange Zeit waren mein einziger Bezug zu den Stones die Puhdys, die offizielle Vorzeigeband des Ostens, staatlich anerkannt sozusagen. Die Puhdys habe ich zum ersten Mal live gehört und gesehen, als ich mit meinen Eltern zum Pressefest nach Potsdam gefahren bin. Das Pressefest gab es damals jedes Jahr im Sommer, es war ein Riesending – ein staatlich organisiertes Volksfest in der Bezirkshauptstadt. Die Puhdys sangen solche Lieder wie „Alt wie ein Baum, möchte ich werden ...“ Und ihr Sänger, der den tollen Namen Dieter „Maschine“ Birr hat, meinte, dass es ihr größter Wunsch sei, einmal mit den Rolling Stones auf der Bühne zu stehen.
Ich fand die Puhdys gut. Nicht alles, klar, aber die Vorstellung, alt wie ein Baum zu werden, gefiel mir und gefällt mir noch immer. An das Lied muss ich seltsamerweise immer denken, wenn ich durch Bornstedt fahre. In der großen Kurve, wo es auf der einen Seite nach Golm, auf der anderen nach Marquardt geht, hat mein Sohn vor zwölf Jahren mal einen Pfirsichkern während der Fahrt aus dem Autofenster geschmissen. Wir haben ihm damals erzählt, dass an der Stelle nun ein Pfirsichbaum wächst. In ein paar Tagen wird er 17 und natürlich weiß er, dass kein Pfirsichbaum gewachsen ist. Doch jedes Mal, wenn wir durch die Kurve fahren, fragt er, ob wir glauben, ob der Baum noch steht.
Gestern habe ich erfahren, dass es bei meinem Bekannten nicht geklappt hat mit den Stones-Karten. Im Internet las ich dann vom „schnellsten Ausverkauf aller Zeiten in Deutschland“. In 25 Minuten sollen alle Tickets weg gewesen sein. Es wird also nichts mit meiner Stones-Konzertpremiere. Zumindest nicht in diesem Jahr. Es sei denn, sie treten im Juli beim Stadtwerke-Fest in Potsdam auf – Bonnie Tyler und Joe Cocker waren ja schon da. Aber das ist genauso unwahrscheinlich wie ein Duett mit Mick Jagger und Dieter Birr, die eine deutsch-englische Version von „Alt wie ein Baum“ singen. Wahrscheinlicher ist, dass an der großen Bornstedter Kurve – da wo man nach Golm oder Marquardt abbiegt – ein zwölf Jahre alter Pfirsichbaum steht.
Peter Könnicke ist freier Journalist und arbeitet als Lauf- und Fitnesstrainer.
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