Landeshauptstadt: Rose unter Schutz
Vor 22 Jahren wurde die „Seerose“ eröffnet, die Zeremonie drohte zu scheitern
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Vor 22 Jahren wurde die „Seerose“ eröffnet, die Zeremonie drohte zu scheitern Innenstadt - Die geschwungenen runden Dächer, die an Blätter oder Wellen erinnern, lenken die Aufmerksamkeit auf das Gebäude zwischen den Hochhäusern und der Moschee. Mit diesem Schalentragwerk aus der Feder des Ingenieurs Ulrich Müther konnte die „Seerose“ vor 20 Jahren ebenso punkten wie heutzutage. Doch die Zukunft des Uferpavillons mit seiner besonderen architektonischen Qualität, die in Zusammenarbeit mit dem Architekten Dieter Ahting entstand, ist ungewiss. Letztes Jahr stand er zum Verkauf. Morgen vor 22 Jahren eröffnete das Restaurant „Seerose“ am Nordufer der Neustädter Havelbucht. Zur Eröffnung des zeitlosen Gebäudes kam erst einmal ein ungeladener Gast. In der Nacht davor, als das Essen für 100 Leute und Promis schon vorbereitet war, trieb ein Marder sein Unwesen im Restaurante. Die Eröffnungszeremonie drohte zu scheitern. Dieter Dauner, der damalige Wirt lacht, wenn er daran denkt, wie sie sich das neue Haus zurückerobern mussten. Das nächste große Ereignis fand zwei Jahre später statt, am Tag der Bodenreform. Die Puhdys spielten in der Bucht auf Wasserbühnen. „Für diesen Abend wurden extra Plattformen im Wasser verankert“ erinnert sich der nachfolgende Wirt, Arno Schweitzer. Der Ort scheint prominente Gäste anzuziehen: Franz Friedrich Prinz von Preußen liebt das Cafe mit dem weißen Klavier, der Schiffsglocke, den Palmen und kommt auch her, um sich die Gemälde mit den kaiserlichen Yachten anzusehen, die von ihm stammen, weil sie seine Frau nicht mehr haben wollte. Der Wirt selbst will das exotische Haus erhalten – auch wenn es schwierig ist. Mit besonderen Veranstaltungen setzt Schweitzer sich für eine Aufwertung der Havelbucht ein, die ein natürlicher Hafen im Stadtzentrum sei. So werden in der „Seerose“ nicht nur Hochzeiten und Familienfeste gefeiert, sondern Ende Mai findet zum ersten Mal in Norddeutschland das Treffen des Deutschen Dampfbootvereins statt. „Wir haben mit fünf oder sechs Booten gerechnet, jetzt kommen aber 16 Boote“, sagt der Wirt. Das runde Haus mit den maßgeschneiderten, schlanken Elementen hebt sich von den industriell hergestellten Gebäuden seiner Zeit ab. Es steht seit letztem Dezember unter Denkmalschutz. Der von Felix Candela und Heinz Isler – beide berühmte Vertreter der Schalenbauweise – inspirierte und international bekannte Bauingenieur Ulrich Müther hat über 100 solcher Konstruktionen statisch berechnet. Davon wurde die Hälfte im In- und Ausland gebaut, wie die Radrennbahn in Havanna. In Deutschland zeugt das Faltendach am Fuß des Fernsehturms, die Kuppelschale des Planetariums in Berlin oder die Schwimmhalle in Sassnitz von dieser Architektur. Kein Haus gleicht dem anderen. Die ersten Schalen berechnete der heute Siebzigjährige für seinen Heimatort Binz. Danach entstanden die Vorläufer der „Seerose“, das „Ahornblatt“ in Berlin und die Messehalle in Rostock. Für den Erhalt solcher Gebäude zu werben, scheint nicht immer ein Erfolg versprechendes Unterfangen. Schon einmal musste ein Bauwerk in Berlin neuen Plänen weichen und wurde abgerissen. Das „Ahornblatt“ stand bereits unter Denkmalschutz, was ihm nichts geholfen hat. Dennoch setzt sich Arno Schweitzer, der seit zehn Jahren das Restaurant Seerose betreibt, für den Erhalt ein, obwohl er letztes Jahr von der Hausverwaltung eine Kündigung erhielt, die er abwenden konnte.
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