Landeshauptstadt: „Roy hätte sich nicht wehren dürfen“
Gerhard Harsch von der Babelsberger Filmtierschule Babelsberg über den Unfall in Las Vegas und das Arbeiten mit Raubkatzen
Stand:
Gerhard Harsch von der Babelsberger Filmtierschule Babelsberg über den Unfall in Las Vegas und das Arbeiten mit Raubkatzen Von Nicola Klusemann „Das kann jeden Tag passieren“, sagt der Babelsberger Tierausbilder Gerhard Harsch, der schon seit 17 Jahren im Geschäft ist, Vierbeiner, Federvieh und Schuppenkriechtiere für das Arbeiten vor der Kamera trainiert und eine Tiershow für den Filmpark einstudiert hat. Deshalb hat ihn der Unfall mit dem Tiger, bei dem der weltberühmte Magier Roy Horn in der vergangenen Woche in Las Vegas lebengefährlich verletzt wurde, nicht besonders geschockt. Dennoch erinnere ein solcher Zwischenfall einmal mehr daran, dass das Arbeiten mit Raubtieren Restrisiken berge. Harsch vermutet, dass der ansonsten erfahrene Roy Horn von Angst ergriffen falsch reagiert habe. „Er hätte sich nicht wehren dürfen“, erklärt der Chef der Filmtierschule. Soweit Harsch erfahren konnte, sei der Dompteur gestolpert, als der weiße Tiger während einer Show nach seinem Arm schnappte. „Dann setzt beim Tier der Beutetrieb ein.“ Der 59-jährige Roy habe dann noch mit einem Mikrofon auf den Kopf der Raubkatze geschlagen, um sie abzuschütteln. Daraufhin biss der Tiger dem Entertainer in den Hals und zerrte den stark Blutenden hinter die Bühne. Hätte der Dompteur ruhig auf das Tier eingeredet, vermutet Harsch, „hätte es erkannt: Ach, das ist ja mein Freund, und ihn in Ruhe gelassen“. Harsch ist Raubkatzen erfahren. Die Babelsberger Filmtierschule besuchen zwei Löwen, zwei Pumas, ein schwarzer Panther und auch ein Tiger. Lebensbedrohliche Angriffe hätte es glücklicherweise noch nicht gegeben. Sein Vorteil: „Ich arbeite ohne großen Showrummel“. Bei den Dreharbeiten könne er sich ganz auf seinen tierischen Partner einstellen. „Da sind nur das Tier und ich.“ Anders bei der Siegfried & Roy-Show, wo Tausende von Zuschauern für gefährliche Ablenkung sorgen. Alle seine Filmstars hat Harsch mit der Flasche aufgezogen. Das allein garantiere aber keine Zutraulichkeit. „Jede Raubkatze hat ihren ganz eigenen Charakter, der sich meist erst nach dem Zahnwechsel, wenn das Tier acht, neun Monate alt ist, ausprägt.“ Manche seien schmusig, arbeitswillig und gut zu trainieren, andere blieben motzig und kratzbürstig. Da habe dann die Ausbildung keinen Sinn. Gerhard Harsch setzt bei seiner Dressur auf die Freiwilligkeit der Tiere. Natürlich könne man, wie das früher im Zirkus oft passierte, die Raubkatze mit glühenden Eisen in Schach halten, ihren Willen brechen. Das Arbeiten mit auf diese Weise verängstigten Tieren sei aber noch kritischer. Seine Filmtiere hingegen haben Spaß am Training und bei Kameraauftritten. „Wenn ich aber merke, ein Tier hat schlechte Laune, blase ich die Nummer für diesen Tag ab.“
Nicola Klusemann
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: