Links und rechts der Langen Brücke: Rückkehr des Phantoms
Henry Klix meint, Bürgerbefragungen sind kein Ersatz für politisches Handeln. Auch Beton nicht. Das gilt besonders beim Thema Havelspange
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Da ist sie wieder, die Havelspange. SPD und CDU haben sie aus der Versenkung geholt. Nach dem bisher missglückten Vorbild der Schwimmbadbefragung sollen die Bürger zum zweiten Mal für Leerstellen herhalten, die Politik und Verwaltung nicht mit überzeugenden Argumenten zu füllen vermögen. Deshalb hier eine kleine Nachhilfe zum Thema Havelspange: Die Brücke über den Templiner See – eine Achse zwischen B 2 am Sago-Gelände und B 1 am Bahnhof Pirschheide – ist das letzte Überbleibsel einer großen Potsdamer Ortsumgehung, deren Bau sich schon vor Jahren erledigt hat. Die Widerstände grenzten an Bürgerkrieg: Ravensberge und Wildpark würden durchschnitten, das Weltkulturerbe verlärmt und für die Wissenschaftler am Golmer Forschungscampus wäre es mit der Ruhe, nach der sie gesucht hatten, vorbei. Blieb der Zipfel über den Templiner See. Als Zugeständnis an die Betonlobby (oder warum auch immer) hatte die Bundesregierung einst angeboten, das Fragment zu finanzieren – wenn sich die betroffenen Kommunen, Potsdam-Mittelmark und Potsdam, einig über das Projekt werden. Das wurden sie nicht. In nervenaufreibenden Arbeitsberatungen wurden vor fünf Jahren die Argumente ausgetauscht. So sehr das Potsdamer Rathaus auch suchte: Es gab keine, die für die Spange sprachen. Nur zusammen mit der Ises (Innerstädtische Entlastungsstraße) ließe sich eine Entlastungswirkung für Zeppelin- und Breite Straße darstellen – fragt sich, was Potsdam dann noch von der Havel hat. Dezidierte Gegenargumente lieferten derweil die Bürgerinitiativen, 70 Seiten, die erklärten, warum dieses Projekt irrsinnig ist. Nur ein Beispiel: Die Spange würde zusätzlichen Verkehr an einen Knotenpunkt ziehen, der an der Kapazitätsgrenze ist – die Pirschheide. Man stelle sich die neue Megakreuzung dort vor: zusätzliche Fahrzeuge, die die B1 in Richtung Zeppelinstraße und Geltow belasten. War das nicht dieselbe Stelle, an der die Stadt per „Pförtnerampel“ die Feinstaubbelastung regulieren will? Liebes sozialchristlich-demokratisches Fraktionsduett: Aktionismus ist kein politisches Handeln, Bürgerbefragungen kein Ersatz für politisches Denken. Auch Beton nicht. Ja, Potsdam wächst, aber vor allem im Norden. Ja, der Verkehr droht zu kollabieren, aber am schlimmsten im Osten aus der Teltower Richtung. Die Templiner Spange würde sich im Südwesten befinden, zusätzlichen Autobahnverkehr in die Stadt ziehen. Also, was soll das Ganze? Zu diesem Projekt ist alles gesagt. Lasst es ruhen. In Frieden!
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