Homepage: Ruhe vor dem Sturm?
Trotz Tamarillofrucht und gewappnetem Personal läuft das Studentenfilmfestival Sehsüchte nur langsam an
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Trotz Tamarillofrucht und gewappnetem Personal läuft das Studentenfilmfestival Sehsüchte nur langsam an Von Dirk Becker Der Feiertag macht sich bemerkbar. In den vergangenen Jahren strategisch günstig um den 1. Mai gelegt, haben die Sehsüchte in diesem Jahr ein Problem. Ausgerechnet auf den Samstag fällt der Arbeiterfeiertag. Kein langes Wochenende, das sich auch bei den Sehsüchten mit spürbarem Publikumszulauf bemerkbar machen würde. Denn war im vergangenen Jahr schon am Mittwoch mächtig Bewegung im Thaliafoyer und stürmten spätestens am Donnerstag popkornbeladene Kurzfilmenthusiasten die Kinosäle, übt man sich beim 33. Studentenfilmfestival bisher in bescheidener Zurückhaltung. Zwar war die Eröffnungsveranstaltung am Dienstag gut besucht, doch schon die anschließende Party im HFF-Gebäude wollte nicht so recht zünden. Das Büfett war schnell gestürmt und geplündert, aber danach dann: Fluktuation. Die ersten Filmblocks am Mittwoch blieben mäßig besucht, das Foyer des Kinos auch am Abend ein stiller, fast menschenleerer Ort. Standen im vergangenen Jahr hier noch so manches Sofa und andere Sitzgelegenheiten, auf denen bequem Gespräche entstehen konnten, haben sich die Veranstalter dieses Mal auf lange, flache Holztische beschränkt, auf denen verstreut Programmhefte und allerlei anderer Schriftkram zu finden ist. Nun ja, vielleicht tobt im angrenzenden Café Konsum das filmemacherische Leben. Doch auch hier geht es ruhig und gesittet zu. Die Bedienung, eigentlich auf Stress eingestellt, hat Zeit zur Muse und Erinnerung. Vor zwei Jahren, da standen die Gäste in Dreierreihen am Tresen und trieben Kellner und Kellnerin fast an den Rand der Verzweiflung. Auch im vergangenen Jahr, so glaubt man sich zu erinnern, war um diese Zeit einiges mehr in Bewegung. Die technischen Gerätschaften, die eigens für den erwarteten Ansturm aufgestellt wurden, bisher hat man sie noch nicht gebraucht. So langsam beschleicht einen das Gefühl, dass mit den 33. Sehsüchten vielleicht etwas nicht stimmt. In Schnapszahlen steckt bekanntlich manchmal der Wurm. Doch wer will schon vom Anfang auf das Ende schließen? Das würde auch den Mühen der Studenten nicht gerecht werden. Zurück im Foyer geht es dann auf die Suche, denn eine „unabhängige Zeitung zum Filmfest“ war angekündigt. Auf den flachen Tischen ist das „Früchtchen“ dann schnell ausgemacht. Im gefalteten A3-Format bemühen sich hier 15 Potsdamer Studenten, die als „Sehfrüchte“ betitelte, täglich kostenlos erscheinende Publikation „vitaminreich, kritisch, unabhängig“ zu gestalten. Die Beiträge der ersten Ausgabe, die von einer aufgeschnitten, Vegetarierherzen höher schlagen lassende Tamarillofrucht geziert wird, sind kurz. Sie beschäftigen sich mit der Festivalgeschichte, informieren über die Sponsorensuche sowie Siegerkategorien und lassen den unter anderem mit dem Film „Halbe Treppe“ bekannt gewordenen Regisseur und HFF-Absolventen Andreas Dresen zu Wort kommen. Auch er erinnert sich an die Festivalzeiten, in denen er die Nächte durchfeierte und die er immer „als sehr rauschhaft“ empfunden habe. Aber genug von Früher. Es wird Zeit, einen Blick auf die aktuellen Filmen zu werfen. Um Tendenzen bei dem neuen Kurzfilm-Jahrgang auszumachen, ist es noch zu früh. Doch eines lässt sich schon mit Sicherheit sagen: Die jungen Filmemacher wissen auch in diesem Jahr mit eigentlich alten Geschichten zu überraschen. Die, die bisher kamen, genossen was sie sahen. Bleibt zu hoffen, dass sich bald vor den Kinotüren wieder lange Schlangen bilden. Aber heute ist Freitag, das Wochenende beginnt und Sonnabend ist schließlich auch Feiertag. Da kann noch so einiges passieren.
Dirk Becker
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