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Himmelsstürmer. Pfarrerin Susanne Weichenhan (2.v.l.) führte gestern die ersten Besucher aufs Dach der Nikolaikirche.

© Andreas Klaer

Von Juliane Wedemeyer: Rundum Potsdam

Nikolaikirchen-Plattform geöffnet / Eintrittsgelder für Gemeindekredit

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Innenstadt - 216 Stufen liegen vor ihr. Nach etwa der Hälfte stöhnt Marianne Sichting. Die Wendeltreppe im Kirchenaufgang ist schmal.  „Himmel“, sagt sie. Und nachdem sie die oberste Stufe erreicht hat: „Das hat sich gelohnt.“ Seit gestern hat Potsdam eine neue Attraktion für Touristen und Einwohner: die Aussichtsplattform auf dem Dach der Nikolaikirche. Täglich von 9 bis 20.30 Uhr ist sie geöffnet. Ein Rundblick auf die gesamte Stadt, das gab es vorher nicht. In 50 Metern Höhe führt der Weg um die kupferne Kirchenkuppel. Von hier oben kann Marianne Sichting sogar auf den goldenen Atlas auf dem Alten Rathaus herabschauen.

Die Potsdamerin ist eine der ersten knapp 200 Besucher, die gestern das Kirchendach bestiegen. Ins Geländer sind die Entfernungen zu den wichtigsten Gebäuden der Umgebung eingraviert: Der Hauptbahnhof ist einen Kilometer weit, die Heiliggeistkirche 525 Meter. Und der Petersdom in Rom 1243 Kilometer. Den sieht man nicht, aber das Stadthaus, den Heiligen See, den Pfingstberg. Marianne Sichting zeigt auf ein Hochhaus. da wohnt sie. Drei Jahre dauern die Sanierungsarbeiten bereits. Ende des Jahres sollen sie abgeschlossen sein, erklärte Nikolaikirchen-Geschäftsführer Joachim Uhlig. Lediglich ein Teil des Daches müsse noch saniert werden. Kostenpunkt: 6,5 Millionen. Bund, Landeskirche und die Städtebauförderung zahlen den größten Teil. Eigentlich sollte die Sanierung nur 5,7 Millionen Euro kosten. Doch dann tauchten unerwartete Bauschäden auf. „Wir mussten wegen eines Wasserschadens 180 Kubikmeter Mauerwerk austauschen“, erklärte Uhlig. Rund 850 000 Euro der Mehrkosten macht allerdings die Plattform aus. Von der hatte die Kirche zwar schon bei Baubeginn 2006 geträumt, die Genehmigungen kamen erst Mitte 2007.

Das Besondere an der Finanzierung: Die Kirchengemeinde hat dafür ein Darlehen von zwei Millionen Euro aufgenommen, ungefähr 800 Euro pro Gemeindemitglied. Die Aussichtsplattform soll helfen, den Kredit wieder abzuzahlen: 5 Euro pro Person kostet der Eintritt. Die Tickets können die Besucher an einem Automaten ziehen. Sie öffnen den Weg durch drei Drehkreuze. Eine Ampel regelt den Auf- und Abwärtsverkehr, damit sich niemand in der Enge in die Quere kommt.

Der Bau der Plattform ist nicht die einzige Aktion mit der die Nikolaikirche während der Sanierungsarbeiten für Aufsehen sorgte: Sie zerstritt sich mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, weil sie das Baugerüst an der Kirchenkuppel vermieten wollte – als Träger für Werbeplakate. Dafür verzichtete sie sogar auf die Förderung von 50 000 Euro im Jahr 2006. Wie hoch die Reklame-Einnahmen waren, wollte Uhlig nicht verraten. Auf jeden Fall seien es mehr als 50 000 Euro von der Stiftung gewesen. Das Sponsoring der Stiftung war aber auch in den folgenden Jahren geplant gewesen. Trotzdem: Uhlig ist sich sicher, dass die Entscheidung für die Werbeplakate richtig war.

Juliane Wedemeyer

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