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Landeshauptstadt: Russensauna im Keller

Die Sauna der Villa Quandt bleibt als Zeugin der Besatzungszeit erhalten

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Nauener Vorstand - Gestern rollten die ersten Baufahrzeuge am Pfingstberg an. Denn bereits am 1. August 2007 soll die Villa Quandt wieder so nobel aussehen wie in den 30er Jahren.

Die beiden für die Sanierung des Bauwerks zuständigen Architekten der Stiftung Schlösser und Gärten, Marianne Akay und Demir Arslantepe, entdeckten im Keller der Villa ein gemauertes Schwimmbecken und eine mit Holzbänken ausgestattete Sauna. Sie waren sich sofort einig: Diese Installationen gehen nicht auf den Bauherrn von Quandt zurück, der das Gebäude um 1820 errichtete, sondern stammen von den 1994 abgezogenen russischen Besatzern. Diese hatten nach dem zweiten Weltkrieg das gesamte Viertel am Neuen Garten für ihren Geheimdienst KGB beschlagnahmt. Akay und Arlantepe stimmten überein, dass sie damit ein singuläres Zeugnis für die Lebensweise der Offiziere gefunden haben, darum sollen Sauna und Becken erhalten bleiben, um sie Besuchern zugänglich zu machen.

In erster Linie gehe es bei der Sanierung aber darum, die Villa für das Fontane-Archiv auszubauen. Außerdem wird das Brandenburgische Literaturbüro hier drei Büro- und die Stiftung selbst drei repräsentative Veranstaltungsräume erhalten. Das Archiv kann im neuen Domizil neben Büros zwei Bibliotheksräume nutzen und für Lesungen ein Kaminzimmer. Im künftigen Tresorkeller sollen dann die Originalmanuskripte des „Wanderers durch die Mark“ aufbewahrt werden. Im Tresor wird eine technische Zentrale für die richtige Temperatur und geringe Luftfeuchte sorgen.

Die Nutzung des künftigen „Hauses der Literatur“, so der Namensvorschlag, wurde so an den Raumbestand angepasst, dass dessen Struktur nicht verändert werden muss.

3,2 Millionen Euro kostet die Sanierung des Gebäudes, das 1996 der Stiftung übertragen wurde und in dem 1930 bis 1945 Kaisersohn Prinz Oskar wohnte, der für seine große Familie und die Bediensteten zwei Seitenflügel anbauen ließ. Die Hälfte der Kosten sponsert die Stiftung des Zigarettenfabrikanten Reemtsma. Die anderen 1,6 Millionen stammen aus dem EU-Fördertopf zur Regionalentwicklung (EFRE).

Mit Quaderputz, vorgebautem Balkon und Fensterläden sah sie damals äußerst edel aus, wie die beiden Architekten an historischen Fotos zeigten. In Teilen bereits wieder hergestellt hat die Stiftung die weiträumige, öffentlich zugängliche Parkanlage.

Was aber wird aus dem seit Jahren unter dem Dach brütenden Schleiereulenpaar, aus den Mauerseglern, Mehlschwalben und den Fledermäusen im Keller? Sie müssen jetzt den Bauarbeiten weichen. Später sollen sie jedoch alle ihre Nistmöglichkeiten zurück erhalten, versichert Akay. Dafür gebe es einen mit dem Landesumweltamt abgestimmten Plan.

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