Landeshauptstadt: „Sack geschlagen, Esel getroffen“
Bretz bleibt beim Rücktritt. Seine Fraktionskollegen sagen, er reagiere über. Alles nur halb so schlimm?
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Es hat nichts geholfen. Weder Kurznachrichten noch Anrufe noch persönliche Gespräche konnten Steeven Bretz am Tag nach seinem Holterdiepolter-Rücktritt umstimmen. Es bleibt dabei: Der 31-jährige Kommunalpolitiker tritt vom Posten des Fraktionschefs der Potsdamer CDU zurück, will aber vorerst sein Stadtverordnetenmandat behalten. Dabei war der offizielle Sprachgebrauch der christdemokratischen Fraktionäre gestern einstimmig: Bretz habe am Montagabend übertrieben auf die Aussagen von Kreischef Wieland Niekisch reagiert. Alles halb so schlimm, hieß es einstimmig. Da war sie wieder, die Geschlossenheit, die Bretz den sich nicht immer einigen CDU-Stadtverordneten seit seinem Antritt im Februar 2006 mit Erfolg vermittelt hatte.
Doch was war nun genau passiert in der Fraktionssitzung der CDU am Montagabend, in der Bretz einfach seine Sachen packte und kurz darauf gegenüber der Presse seinen Rücktritt erklärte? Maria von Pawelsz-Wolf als Beobachterin sagte, Bretz sei von Beginn an ziemlich gereizt aufgetreten. Sie ist Vorstandsmitglied der CDU Potsdam, Niekisch habe eine Aussprache zum Wohle der CDU gewollt. Das müsse Bretz aushalten, so von Pawelsz-Wolf. Es gehe schließlich um die Sache der CDU, nicht um einzelne Eitelkeiten. Der Kreisvorsitzende Wieland Niekisch hatte unter anderem die Äußerungen eines CDU-Stadtverordneten zum Thema Stadtschloss und Jungengymnasium kritisiert, die nicht auf Parteilinie gelegen hatten. Aber auch andere Meinungsverschiedenheiten. So etwas dürfe im Jahr der Kommunalwahl nicht mehr vorkommen, appellierte Niekisch in der Fraktion und vertrieb damit mehr als die bösen Geister. Auch Steeven Bretz ging.
„Wie sagt man so schön: Er hat den Sack geschlagen und den Esel getroffen“, erklärte Eberhard Kapuste zu den Aussagen Niekischs gestern. Der Vorvor-Fraktionschef Kapuste war derjenige, der die Haltung seiner Partei zum Thema Gründung eines Jungengymnasiums in Potsdam durch Opus-Dei-Anhänger kritisiert hatte und eine solche Schule mit diesen Gründern entgegen der Parteimeinung öffentlich abgelehnt hatte. „Dazu stehe ich auch noch heute.“ Den Rücktritt von Bretz bedauert er, jedoch sei er noch gar nicht zurück getreten. „Ein Fraktionschef ist erst nicht mehr Fraktionschef, wenn er dies der Fraktion mitteilt“, so Kapuste. Nicht, wenn es in der Zeitung steht. Und Bretz hat es der Fraktion noch nicht mitgeteilt.
Dafür andere Dinge, nämlich wie die Arbeit zwischen ihm und Niekisch verlaufen ist, wenn keine Kamera und keine anderen Fraktionsmitglieder am Tisch saßen. „Er hat mir in einem langen Gespräch heute Dinge erzählt, die mir diesen Schritt verständlicher machen“, sagte beispielsweise Volkmar Näder. Er wirft Bretz, den er als jungen Mann mit politischem Instinkt und als eloquent bezeichnet, einzig vor, nicht noch eine Nacht über die Sache geschlafen zu haben, bevor er die Entscheidung endgültig trifft. „Da hat er aus der Hüfte geknallt.“ Näder trat selbst einmal in einer Abstimmung gegen Niekisch an, als es um den Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl ging. Er weiß wie es ist, den seit zwölf Jahren amtierenden Kreisvorsitzenden, als politischen Kontrahenten zu haben. Im Gegensatz zu Bretz hat Näder nach der Niederlage weiter gemacht.
„Ich war noch frei in meiner Entscheidung“, sagte Bretz zu seinem Rücktritt. In einigen Wochen, wenn der Wahlkampf für die Kommunalwahl im Herbst 2009 im vollen Gange ist, hätten er den nun gewählten Weg nicht so einfach einschlagen können. Und zu Niekisch? „Ich will keine Schlammschlacht.“ Jedoch so viel: „Ich kann so wie er agiert nicht mit dem Kreisvorsitzenden zusammenarbeiten. Für mich gibt es Grenzen, ich kämpfe nicht mit allen Mitteln.“ Bretz wirkte gestern leicht angeschlagen, aber auch Niekisch vermittelte nicht das Bild eines heroischen Helden, der einen Machtkampf in der CDU Potsdam gewonnen hat. Es sei ja auch kein Machtkampf gewesen, sagte Niekisch. Die Vorwürfe von Bretz sieht er als bedauerlich an. Sieger müssen nicht viel mehr sagen.
Doch wie nun weiter? Zu einer ersten Runde kamen einige CDU-Fraktionäre gestern zusammen. Ideen gebe es auch, so Niekisch. Doch Kapuste, der der Sitzung nicht beiwohnte, erklärte sofort: Der Vorsitz müsse innerhalb der Fraktion geklärt werden. Dazu zählt Niekisch nicht.
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