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Aus dem GERICHTSSAAL: Sadistische Neigungen?

Anklage: Opfer in 378 Fällen gequält und misshandelt

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Aus dem GERICHTSSAALAnklage: Opfer in 378 Fällen gequält und misshandelt André S. (41) gibt sich betont cool. Gelangweilt schaut der Kahlgeschorene aus dem Fenster, während die Anklageschrift verlesen wird. Sein Mittäter Manuel Sch. (24) vergräbt indessen den Kopf in den Händen. Er scheint sich zu schämen, wenngleich ihm die Staatsanwaltschaft „nur“ sieben Sexualdelikte sowie eine Hehlerei zur Last legt. André S. hingegen wird vorgeworfen, zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 12. Dezember 2004 in 378 Fällen vier Jugendliche misshandelt und gequält zu haben. 80 mal sollen ihm die brutalen Übergriffe dazu gedient haben, seine sadistischen Neigungen auszuleben. Außerdem soll der Angeklagte in 80 Fällen unerlaubt Betäubungsmittel erworben sowie 123 mal damit gehandelt haben. Auch soll er am Überfall auf die Poststelle in Wilhelmshorst beteiligt gewesen sein, bei dem mehrere Täter Bargeld und Telefonkarten im Wert von 3000 Euro erbeuteten. Die Details der Anklage klingen erschreckend. So seien die Missbrauchsopfer von André S. – teilweise mit Waffengewalt – aufgefordert worden, sich zu entkleiden, danach an Bäume gefesselt, mit einem Elektroschocker im Genitalbereich gequält und genötigt worden, den Angeklagten oral zu befriedigen. Oder sie hätten in Eiseskälte nackt kilometerweit laufen, im See schwimmen, Waschpulver einatmen und Goldbrand trinken müssen, danach ebenfalls sexuelle Handlungen an André S. vornehmen oder an sich dulden müssen. Zudem soll der Mann sie in besonders demütigenden Posen fotografiert haben, um sie später mit den Fotos erpressen zu können. Von einem der Geschädigten habe der Angeklagte über einen längeren Zeitraum wöchentlich 150 Euro gefordert, die dieser aus Angst vor einer Veröffentlichung der Bilder zahlte. Auch der Mitangeklagte Manuel Sch. gehörte einst zu dem Kreis junger Männer, den sich André S. gefügig machte, um gemeinsam Straftaten zu begehen. Es gelang ihm jedoch, sich aus dessen Einfluss zu befreien. Während des gestrigen ersten Prozesstages berichtet er – allerdings erst, nachdem der Hauptangeklagte vorübergehend aus dem Gerichtssaal entfernt wird: „Wenn André S. die Jungs zu sich bestellte, sind sie aus Angst auch gekommen. Ich habe an keinem der sexuellen Übergriffe mitgewirkt. Aber ich habe zugeschaut.“ Beim Überfall auf die Wilhelmshorster Poststelle habe er drei der vermeintlichen Täter auf Anweisung von S. zurück nach Potsdam gefahren, am nächsten Tag von ihm dafür 300 Euro kassiert. Der Prozess vor dem Landgericht, für den insgesamt elf Verhandlungstage angesetzt sind, wird am Mittwoch fortgesetzt. Hoga

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