Von Guido Berg: Salutschüsse und ein Gläschen Aquavit
Am 11. September beginnt der Wiederaufbau der Ventehalle an der Matrosenstation Kongsnaes
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Berliner Vorstadt - Dass sie nicht einfach „auf einem Stein rumklopfen“ können, das ist Wolfram Seyfert bewusst. Dennoch hat der Geschäftsführer der Berliner Firma Fach und Werk im Auftrag des Bauherren Michael Linckersdorff für den 11. September, einem Sonnabend, zu einer „Grundsteinlegung“ für den Wiederaufbau der historischen Ventehalle geladen – obwohl es sich dabei um einen Holzbau handelt. Da müsse das traditionelle Klopfen auf den Grundstein eben wegfallen, sagte Seyfert gestern den PNN. Stattdessen wird die übliche Kartusche, gefüllt mit Zeitungen, Münzen und Dokumenten, in einem Rohr in die Tiefe herabgelassen.
Die Ventehalle, die Empfangshalle der bereits seit 1842 bestehenden Schiffsstation am Jungfernsee, entstand auf Anweisung des Kaisers 1892 nicht im neugotischen Stil aus Backsteinen, sondern im nordischen Drachenstil aus Holz. Weitere Bauten folgten – das Bootshaus, die Matrosenkaserne, das Kapitänshaus. 1896 erhielt die Station den Namen „Kongsnaes“ (Königs Landzunge) und wurde durch Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. Nahezu das gesamte Ensemble am Ufer des Sees überstand die Wirren des geschichtsträchtigen 20. Jahrhunderts. Einzig die Ventehalle geriet 1945, in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, unter Beschuss und brannte ab. Lediglich das Fundament und zwei Bastionssteine aus Sandstein sind noch erhalten.
Ab 11. September soll sie nun wieder aufgebaut werden – originalgetreu. „Aber was ist das Original?“, mussten sich Seyfert und Jörg Limberg von der Unteren Denkmalschutzbehörde mehr als einmal fragen. Von dem Holzhaus des norwegische Architekten Holm Hansen Munthe sind nur Fotos übrig geblieben. Schwarz- Weiß-Fotos. Dass sie einmal rot war, ist klar. „Aber welches Rot?“ Seyfert zufolge sind die noch stehenden Gebäude – Bootshaus, Matrosenkaserne, Kapitänshaus – „mit ostdeutscher Fußbodenfarbe“ angestrichen. Ein glückliche Entdeckung half; auf dem Dachgeschoss fanden die Restauratoren vier originale Dachbalken, anhand derer der genaue Farbton der alten Ventehalle bestimmt werden konnte.
Seyfert und Linckersdorff, ein Berliner Juwelier, wollen die Matrosenstation Kongsnaes zur „norwegischen Visitenkarte“ in Potsdam machen – die „nordische Attitüde“ in dem mit dem italienischen Dorf Bornstedt, der russischen Kolonie Alexandrowka und dem holländischen Viertel international aufgelegten Potsdam.
Da Linckerdorff nicht nur die Ventehalle rekonstruieren, sondern auch die Bestandgebäude der Matrosenstation sanieren lassen will, werde das Projekt finanziell „sehr aufwendig“. Eine Investitionssumme wollte Seyfert nicht nennen. Im Kapitänshaus und Matrosenkaserne entstehen je zwei Wohnungen. Das Bootshaus wird Veranstaltungsort, erläuterte Seyfert, die Ventehalle Restaurant mit „märkisch-norwegischer Küche“.
Zur „Grundsteinlegung“ am 11. September wird die Miniaturfregatte Royal Louise, 1999 fertiggestellter Nachbau des historischen Schiffes, Salut schießen. Für die Gäste des Ereignisses gibt es ein Gläschen Aquavit.
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