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Landeshauptstadt: „Sämtliche Mehrkosten trägt meine Firma“

Ein Gespräch mit Investor Lorenz Bruckner über das Brockesche Haus als möglichem Standort für das Potsdam Museum

Stand:

Herr Bruckner, nach dem Kulturausschuss haben sich auch der Finanzausschuss und der Bauausschuss für das Brockesche Haus als künftigen Museumsstandort ausgesprochen. Morgen entscheiden die Stadtverordneten, von denen sich ein Großteil schon im Vorfeld ebenfalls für das Brockesche Haus ausgesprochen hat. Eigentlich könnten Sie sich doch jetzt entspannt zurücklehnen.

Zuerst muss die politische Entscheidung abgewartet werden. Ich gehe momentan davon aus, dass die Stadtverordneten wie die Ausschüsse votieren und eine Entscheidung für das Brockesche Haus treffen. Aber zurücklehnen kann ich mich erst, wenn ich das sanierte Gebäude im Jahr 2010 an die Stadt zur Nutzung als Museum übergeben habe. Ich hoffe bei einer Entscheidung für das Brockesche Haus, dass die Verwaltung schnellstmöglich in Gespräche mit mir tritt und der Mietvertrag, wie politisch gewollt, tatsächlich bis Februar abgeschlossen ist. Erst danach können wir mit der Investitions- und Planungsphase für das Museum beginnen.

Also ist erst der unterzeichnete Mietvertrag für Sie die relevante Aussage?

Das In-den-Händen-halten des Mietvertrages ist der Startschuss. Vorher können wir nicht mit der Planung des Um- und Anbaus beginnen.

Eigentlich sollte die Entscheidung längst gefallen sein. Nun kommt es durch die Verhandlungen über den Mietvertrag zu einer weiteren zweimonatigen Verzögerung. Hat dies schon jetzt Auswirkungen auf die geplante Fertigstellung des Brockeschen Hauses als Potsdam Museum?

Bisher gehen wir davon aus, wenn Ende Februar der Mietvertrag vorliegt, dass wir zum 1. Januar 2010 eröffnen könnten. Wenn es jedoch weitere Verzögerungen gibt, werden wir diesen Termin nicht mehr halten können. Uns trifft jeder Verzögerungsmonat mit zirka 13 000 Euro Zinsen, die wir zahlen müssen. Momentan liegen wir schon bei knapp 50 000 Euro Mehraufwand, den ich wie versprochen tragen werde, jedoch sollte der Termin Ende Februar jetzt wirklich eingehalten werden.

Sollten sich die Stadtverordneten für das Brockesche Haus entscheiden, geht es an die schon angesprochenen Verhandlungen für den Mietvertrag. Potsdams Bürgermeister und Finanzbeigeordneter Burkhard Exner hat gesagt, dass gerade durch diesen Mietvertrag die Stadt ein Finanzrisiko eingeht. Er sagt, dass das Brockesche Haus als Museum 200 000 Euro mehr im Jahr kosten soll als das Alte Rathaus. Warum sind Sie so teuer?

Es war von Anfang an klar, dass auf die Stadt Mehrkosten zukommen, wenn man sich für zwei Häuser entscheidet. Mir liegt der Wirtschaftlichkeitsbericht von Price Waterhouse Coopers vor, in dem die Variante Brockesches Haus der Variante Doppelnutzung Altes Rathaus durch Potsdam Forum und Potsdam Museum gegenüber gestellt wird. Wie Herr Exner aufgrund der Zahlen aus diesem Bericht auf eine jährliche Differenz von 200 000 Euro kommt, bleibt mir verschlossen.

Manchen verwirren vielleicht die vielen Zahlen in so einem Bericht?

In diesem Bericht werden zwei eindeutige Unterschiede hinsichtlich der Kosten beider Varianten angeführt. Das Ergebnis der ersten Methode sind Mehrkosten von 2,1 Millionen Euro in 20 Jahren, was pro Jahr Mehrkosten von 105 000 Euro bedeutet. Bei der zweiten Berechnungsmethode, ist die Differenz 1,8 Millionen Euro in 20 Jahren, also 90 000 Euro jährlich. Man muss wissen, dass in diesen jährlichen Mehrkosten auch Personalkosten für zwei zusätzliche Mitarbeiter im Museum enthalten sind. Schon verwirrend, aber klar ist, dass die von uns genannten Konditionen fest stehen und damit nicht teurer werden können.

Trotzdem bleiben Mehrkosten, die für eine Stadt wie Potsdam, die aufgrund ihrer hohen Schulden schon unter Aufsicht des Innenministeriums steht, problematisch sind.

Da kann ich beruhigen. Ich bin sehr optimistisch, dass diese politische wichtige Entscheidung den Standort derart aufwerten wird, dass ich sicher den einen oder anderen Potsdam- und Kulturbewunderer finden werde, der gerne helfen wird die Mehrbelastung irgendwie zu reduzieren.

Der Wirtschaftlichkeitsbericht von Price Waterhouse Coopers steht seit seiner Veröffentlichung in der Kritik, immer wieder wurde auch von einem erheblichen Nachbesserungsbedarf gesprochen. Gibt es hier schon Ergebnisse?

Es gab insgesamt etwa zehn Punkte, die wir hinterfragt hatten und davon sind bei der Berichtigung fünf Punkte angepasst worden. Und auf dieser Basis bin ich mit diesem Bericht einverstanden.

Sie haben mehrmals betont, dass Sie bei Ihrem jetzigen Mietangebot noch immer Spielraum sehen. Mit Verlaub, das klingt manchmal zu schön um wahr zu sein. Als Investor müssen Sie auch wirtschaftlich denken.

Ich denke absolut wirtschaftlich. Das schulde ich mir, meinem Unternehmen, meinen Mitarbeitern und auch meinen Geschäftspartnern. So oft bietet sich nicht die Gelegenheit an, so einem exponierten Ort wie am Stadtkanal etwas Wunderschönes für die Stadt und die Öffentlichkeit zu machen. Unter diesem Gesichtspunkt  wollen auch wir etwas an die Stadt Potsdam zurückgeben und verzichten gern auf einen Teil des Gewinns oder auf den einen oder anderen Euro Miete.

Können Sie den angesprochenen Spielraum bei ihrem Mietangebot konkretisieren, vielleicht eine Summe nennen?

Nein, das kann ich nicht. Wir haben noch ein wenig Luft nach unten. Wie vereinbart bin ich bereit die Konditionen und auch alle weiteren Vertragsbestandteile abschließend mit den zuständigen Mitarbeitern zu verhandeln. Da stehe ich jederzeit für Gespräche zur Verfügung, so dass von meiner Seite der Abschluss des Vertrages im Februar 2008 gewährleistet ist.

Sie wollen die Sanierungs- und Umbaukosten für das Brockesche Haus tragen und verlangen im Gegenzug einen langfristigen Mietvertrag von der Stadt. Wie viel werden Sie voraussichtlich in das Brockesche Haus investieren müssen?

Ich schätze zwischen 4 und 4,5 Millionen Euro.

Solche Großprojekte werden meist teurer als vorher veranschlagt. Sollte das auch beim Brockeschen Haus der Fall sein, würden sich diese Kosten auf die Miete für die Stadt niederschlagen?

Sämtliche Mehrkosten für zum Beispiel höhere Baukosten oder höhere Zinsen oder was auch immer trägt meine Firma. Falls sich die Kosten also erhöhen sollten, sehen Sie die Übernahme dieser Kosten als Beitrag meiner Firma zum Wiederaufbau der historischen Mitte der Stadt Potsdam an. Da gibt es kein Risiko für die Stadt, der Mietvertrag verändert sich dadurch keinesfalls. Das bedeutet, auch falls Wasser im Keller sein sollte, was laut einem Anfang 2007 erstellten Gutachten eines öffentlich bestellten vereidigten Potsdamer Sachverständigen nicht der Fall ist, würde es nur unsere Kosten erhöhen. Klauseln im Mietvertrag für den Ausgleich von nicht kalkulierten Baukostenerhöhungen gibt es bei uns nicht. Dies ist ja gerade ein nicht zu unterschätzender Vorteil, ich trage die Risiken und Kosten, die Stadt hingegen hat die Garantie, dass meine Firma das Gebäude saniert und fertig stellt und die vereinbarte Miethöhe bleibt, egal wie gut oder schlecht der Zustand des Gebäudes ist.

Ein oft genannter Kritikpunkt ist das Mietverhältnis von 20 Jahren und dann die Option auf zweimal zehn Jahre Verlängerung. Was danach kommt ist unklar und gibt genug Raum für wilde Spekulationen.

Der vorliegende Entwurf für den Mietvertrag läuft über 40 Jahre. In den weiteren Verhandlungen kann ich jederzeit fixieren, dass die Stadt das Recht hat, den Vertrag darüber hinaus immer um weitere fünf Jahre zu verlängern und das bis zum Ende aller Tage. Kein Problem, das mache ich sogar gern. Wenn das Potsdam Museum wieder aus dem Brockeschen Haus ausziehen würde, müsste ich einen Nutzer finden für ein museumsähnliches Gebäude. Denn durch den Umbau wird das Brockesche Haus zu einem zweckgebundenen Objekt mit einer einseitigen Nutzung, warum sollte man also diesen idealen Museumsmieter gehen lassen?

Warum bieten Sie dann der Stadt nicht gleich einen längeren Mietvertrag an?

Ich habe der Stadt keinen Mietvertrag über 100 Jahre angeboten, weil ich Angst hatte, niemand würde einen solchen Vertrag unterschreiben. Aber die Stadt könnte das tun, wenn sie es will.

Es gibt den Vorwurf der Kleinteiligkeit der Räume im Brockeschen Haus, die für ein Museum nicht gerade von Vorteil sein soll. Schaut man sich das Brockesche Haus von der Seite an, wirkt es ziemlich schmal. Hat das Alte Rathaus da nicht bessere Voraussetzungen?

Sie haben Recht, das Brockesche Haus ist mit zwölf Metern nicht besonders tief. Der geplante Anbau am Brockeschen Haus wird diese Kleinteiligkeit im hinteren Bereich des Gebäudes auflösen. Denn dadurch wird das Haus geöffnet und so ein großzügiger Übergang vom alten auch innen unter Denkmalschutz stehenden Teil in die Moderne geschaffen. Wie das aussehen wird, weiß bisher noch niemand, da wir dafür einen kleinen Architektenwettbewerb planen. Dass jetzt an dem Raumbedarf im Brockeschen Haus gezweifelt wird, ist für uns sehr verwunderlich. Uns wurde doch durch den Kulturbereich der Verwaltung ein Raumprogramm nach den Grundrissen unseres Hauses aufgezeigt, nach dem wir unser Mietangebot kalkuliert haben. Wenn unser Gebäude so ungeeignet erscheint, dann hätte diese Frage ja schon vor ungefähr sechs Monaten gestellt werden müssen. Und über das Alte Rathaus weiß ich zu wenig um eine wirklich qualifizierte Aussage über die Grundrisse dort zu treffen.

Sie haben gesagt, dass Sie das Brockesche Haus später wieder verkaufen wollen. Welche Auswirkungen hätte ein solcher Verkauf auf den Mietvertrag für das Potsdam Museum?

Wenn wir das Haus weiterverkaufen, kauft es jemand nur deswegen, weil darin das Potsdam Museum als langjähriger Mieter untergebracht ist. Das würde bei einem Verkauf bedeuten, dass meine Firma das Brockesche Haus saniert und fertig stellt und es danach an einen eventuellen Käufer übergeht. Alle könnten zufrieden sein, die Stadt, die Bürger und der Käufer, weil er einen sicheren Mieter hat.

Sie haben der Stadt das Angebot für das Brockesche Haus gemacht und sind in den vergangenen Monaten seitens der Verwaltung oft sehr fragwürdig behandelt worden. Warum halten Sie noch immer am Potsdam Museum fest?

Weil ich glaube, dass in dieses Haus ein öffentliches Gebäude wie das Potsdam Museum hingehört. Und wenn ich von etwas begeistert bin, brenne ich dafür bis ich definitiv weiß, es klappt oder es klappt nicht.

Warum dieses Engagement für den Museumsstandort?

Ich mag diese Stadt! Unabhängig davon, wer gerade in der Verwaltung sitzt, wird es immer unterschiedliche Auffassungen über Projekte mit diesem Stellenwert geben. Erfreulich ist doch, dass nach über 15 Jahren Verfall dieses Gebäudes saniert und dessen Umgebung entwickelt werden wird. Deswegen wundern meine Mitarbeiter und ich uns natürlich, dass wir bei all unseren anderen aktuellen Bauvorhaben immer sehr einvernehmlich mit den verantwortlichen Ämtern und deren Mitarbeitern zusammenarbeiten. Während wir hier bei diesem wunderbaren Vorhaben in der noch zu entwickelnden Mitte Potsdams sogar Schwierigkeiten haben, Termine zu bekommen. Mit Ausnahme des Denkmalschutzes werden wir bei den anderen Behörden bisher nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Es wäre schön, wenn auch hier bald Gespräche stattfinden könnten.

War es Ihre Idee, das Museum im Brockeschen Haus unterzubringen?

Vor drei Jahren hat der Sanierungsträger zusammen mit dem damaligen Besitzer der Immobilie und dem tätigen Makler eine Studie verschiedener Nutzungen für das Brockesche Haus erstellt. Eine Variante, die mir und anderen Interessenten vorgestellt wurde,war das Potsdam Museum in dieses Haus zu bringen. Ich war von dieser Idee sofort begeistert.

Was machen Sie, wenn die Entscheidung doch noch gegen das Brockesche Haus fällt? Es soll einen Investor geben, der dort gern ein Hotel bauen würde.

Es gibt mehrere Interessenten und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dort auch ein Gemisch aus Wohnen, Büros und Kultur unterzubringen. Diese Variante habe ich aber noch nicht ernsthaft verfolgt, da ich mich an mein Angebot an die Stadt für den Museumsstandort im Brockeschen Haus gebunden fühle, bis die politische Entscheidung fällt. Da habe ich mein Wort gegeben und das steht.

Das Gespräch führte Dirk Becker

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