Landeshauptstadt: „Sanssouci“ in der Dortuschule
Rokokosaal soll bis zum Jubiläum restauriert werden
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„Klein-Sanssouci“ nannten die Schüler in den 1950er Jahren den barocken Gartensaal im Gebäude der heutigen Dortuschule. Als sich die Abgänger des Jahrgangs 1957 kürzlich zum „Goldenen Abitur“ trafen, kannten einige den Festraum gar nicht mehr. Bereits zu ihrer Schulzeit war er nur selten geöffnet worden. Bis heute ist es nicht gelungen, ihn zur restaurieren.
Bis zum 150. Schuljubiläum in drei Jahren soll dieses Problem jedoch gelöst sein. Dafür engagiert sich ein Arbeitskreis um den 1957er Abiturienten und späteren Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Prof. Dr. Hans-Joachim Giersberg. 35 000 Euro sind aus Fördermitteln und Spenden bereits zusammengekommen. Davon konnten der Parkettfußboden, Heizung und Elektroinstallation erneuert werden. Der größere Teil steht jedoch noch aus. Dazu zählen die Restaurierung bzw. Wiederherstellung der Wand- und Deckenmalereien. Ebenso sind Arbeiten an Türen, Fenstern, Klappläden und Wandschränken notwendig. Der Potsdamer Restaurator Tom Zimmermann hat all diese Aufgaben in einer bebilderten Mappe detailliert erfasst. Sie kann Sponsoren anregen, die Finanzierung einzelner Schritte zu übernehmen.
Sie zu finden, ist heute nicht mehr so leicht wie in den 90er Jahren, als dies sogar für Großprojekte wie das Pfingstberg-Belvedere gelang. Dennoch bleibt Prof. Giersberg optimistisch, dass die fehlenden rund 100 000 Euro zusammenkommen. In diesem Zusammenhang weist er auf die hohe kunsthistorische Bedeutung des Rokokoraums hin. Seine Gestaltung stammt von Künstlern, die auch den Schlössern von Sanssouci ihren Glanz verliehen haben. Das Gebäude wurde 1771 von Georg Christian Unger errichtet, die verschiedenfarben gehaltenen, Porzellan imitierenden Stukkaturen des Festsaals weisen mit ihren Blütengirlanden, Früchten und Musikinstrumenten die Handschrift von Johann Christian Hoppenhaupt d. J. auf. An der Ausführung hat Constantin Philipp Georg Sartori mitgewirkt - ein nicht minder berühmter Name. Solche hochwertigen Innendekorationen sind für Bürgerhäuser äußerst selten - und die wenigen, die es in Potsdam gab, längst zerstört.
Gebäude und Saal haben auch eine über die Stadtgeschichte hinausgehende Dimension. Sie gehörten im 19. Jahrhundert der Familie Dortu. Justizrat Wilhelm Dortu setzte sich während der 1848er Revolution als Stadtverordneter für eine Demokratisierung der Gesellschaft ein, sein Sohn Maximilian (Max) gab dafür sein Leben. Als Teilnehmer des Badischen Aufstands wurde er 1849 standrechtlich erschossen. Die Witwe Dortu verkaufte das Haus an die Stadt, die hier 1860 eine Höhere Töchterschule einrichtete. Seitdem wird es schulisch genutzt.
Als sich die „goldenen Abiturienten“ trafen, veranstalteten sie eine Sammlung für die Restaurierung. Erstaunlich, wie sie an ihrer alten Schule hängen. Dies hat mit einem besonderen Ereignis zu tun. 1956 war die Bildungsstätte zu einer Polytechnischen Oberschule (POS) ohne Abiturzweig zurückgestuft worden. Hans-Joachim Giersberg und seine Klassenkameraden sollten an das Helmholtz-Gymnasium wechseln. Dagegen probten sie den Aufstand. „Wir bleiben in unserem alten Bau“, schrieben sie an die Wandzeitung. Dieser, in der DDR- Zeit risikoreiche, Widerstand führte immerhin dazu, dass sie Teile ihres Abiturs am alten Ort ablegen konnten, für eine POS ein einmaliger Fall.
Prof. Giersberg führt diese Aktion u. a. darauf zurück, dass an der Schule außerordentlich fähige Lehrer unterrichteten. Neben anderen nennt er den Klassenlehrer Bodo Kloth und die Kunsterzieherin Susanne Ahlgrimm. Sie weckte bei ihm die Liebe zur Kunstgeschichte, die seinen späteren beruflichen Weg bestimmte. E. Hohenstein
E. Hohenstein
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