Sport: Sauber unterwegs
Laufen zählt zu den umweltfreundlichsten Sportarten. Doch belastet es auch die Umwelt. Vor allem An-, Abreise und Finisher-Shirts sind bei Laufevents absolute Klimakiller. Es kann auch anders laufen
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Sich zu Fuß zu bewegen ist umweltfreundlich. Wer mit dem Auto fährt, produziert pro zurückgelegtem Kilometer 144 Gramm Kohlendioxid. Zu Fuß sind es laut Umweltbundesamt null Gramm. Laufen als Sport dürfte daher als eine der umweltfreundlichsten Sportarten gelten, zumal es dafür nicht viel braucht an Hilfsmitteln und Equipment.
Doch ergeben sich für jeden einzelnen Läufer und erst recht bei Laufveranstaltungen Berührungspunkte für Umwelt und Klima. Fakt ist: Wer Sport treibt, belastet die Umwelt und verbraucht häufiger Ressourcen – vielleicht sogar im eigenen Haushalt. Wasser zum Beispiel: Sportler duschen oder baden mehr und haben die Waschmaschine häufiger in Betrieb. Ob der Verbrauch auch höher ist als bei einem Nichtsportler, hängt letztlich vom ganz individuellen Verhalten ab oder gar von der Bereitschaft, eine eventuell negative Öko-Bilanz auszugleichen – etwa durch einen Beitrag in Klimaschutzprojekte.
Enrico Bolduan von der KlimaAgentur der Stadtwerke Potsdam und selbst aktiver Handballer unterstellt Sportlern zunächst ein grundsätzliches Bewusstsein für die Umwelt und einen engen Bezug zur Umwelt. „Man muss Sportlern nicht mit erhobenem Zeigefinger kommen, denn die meisten gehen sehr bewusst mit der Umwelt um.“
Im Jahr 2012 waren laut Volkslaufstatistik des Deutschen Leichtathletikverbandes bei rund 3 800 Laufveranstaltungen in Deutschland rund 2,2 Millionen Läufer am Start. Es gibt zwar keine Erhebungen für die durch Laufsport verursachten CO2-Emissionen mit bundesweiter Gültigkeit. Doch hat sich die KlimaAgentur in Nordrhein-Westfalen einmal die Mühe gemacht, alle Faktoren darzustellen, die bei einem Laufevent Einfluss auf den sogenannten CO2-Fußabdruck einer Veranstaltung haben. Dabei kam sie auf auf fast 20 Bereiche – unter anderem Streckenführung, Start-Ziel-Elektronik, Catering, Finisher-Shirts. Für den AOK-Firmenlauf in Siegen mit 7 000 Teilnehmern wurde im Jahr 2011 ein CO2-Ausstoß von rund 77 Tonnen bilanziert. Den größten Anteil daran hatten mit 49 Prozent Mobilität und mit 57 Prozent Finisher-Shirts. An- und Abreise der Läufer, Helfer und Zuschauer sowie die Herstellung, Transport und Lieferung der beliebten Teilnehmer-Shirts sind demnach die größten Klimakiller bei einem Laufevent.
Zwar lässt sich aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen am und für den Veranstaltungsort der Siegener Firmenlauf nicht 1:1 mit anderen Laufveranstaltungen vergleichen. Doch kann man davon ausgehen, dass etwa der Potsdamer Schlösserlauf mit 4 000 Läufern, zweitägiger Marathonmesse, Zeitmessung, Verpflegungsstellen, mobilen Toiletten, Finisher-Shirts und -Medaillen und der MBS-Arena und dem Luftschiffhafen-Stadion als bewirtschaftete Gebäude einen CO2-Fußabdruck im zweistelligen Tonnenbereich hinterlässt. Zum Vergleich: Bei einem Bundesliga-Heimspiel der Volleyballerinnen des SC Potsdam in der MBS-Arena hat die KlimaAgentur der Stadtwerke Potsdam einen CO2-Ausstoß von 1,7 Tonnen ermittelt. Als ausgleichenden Klimabeitrag hat das Volleyballteam im Frühjahr dieses Jahres drei Bäume auf dem Luftschiffhafen-Areal gepflanzt und die Patenschaften für deren Pflege übernommen.
Die Klimabilanz eines einzelnen Läufers in Potsdam ist zwar nicht erhoben, ergibt sich aber durch zahlreiche Faktoren. Wer etwa mit dem Auto zum Training oder Wettkampf fährt, bläst dabei mit jedem Kilometer 144 Gramm Kohlendioxid in Luft. Die Klimabilanz ist eine andere, wenn sich zu einem Lauf online oder auf Papier angemeldet wird. Auch der Wasserverbrauch ist ein Kriterium. Durchschnittlich verbraucht jeder Potsdamer täglich 127 Liter Wasser – bei einem Sportler lässt sich ein durchaus höherer Verbrauch annehmen. Um die Klimabilanz etwas auszugleichen, empfiehlt Enrico Bolduan von der Potsdamer KlimaAgentur die Lektüre einer Ratgeber-Broschüre der Stadtwerke mit nützlichen und praktischen Tipps, wie sich im eigenen Haushalt Strom und Wasser sparen lassen. „Ein einfacher Durchlassbegrenzer, abschaltbare Steckdosenleisten oder Energiesparlampen sind simpel umzusetzende Maßnahmen für mehr Energieeffizienz im eigenen Haushalt“, sagt Bolduan.
Einen enormen Beitrag für Energieeffizienz leistet übrigens die Stadt Potsdam selbst durch ihr eigenes Erdgas-Kraftwerk, das zu 70 Prozent den Energiebedarf in der Landeshauptstadt deckt. Mit einem CO2-Ausstoß von 138 und 220 Gramm je Kilowattstunde bei Strom und Fernwärme liegt Potsdam deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 500 Gramm je Kilowattstunde.
Neben dem Beitrag jedes Einzelnen lässt sich die CO2-Bilanz einer größeren Laufveranstaltung durch gezielte Maßnahmen positiv beeinflussen. Inzwischen versuchen zahlreiche Veranstalter, die negative Klimabilanz ihres Events schrumpfen zu lassen, beispielsweise durch Spende eines Teils der Startgebühren für ein Umweltschutzprojekt. Noch besser ist jedoch, den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Allein die Wahl der Trinkbecher kann die Bilanz beeinflussen: Plastikbecher sind leichter wiederverwertbar als beschichtete Papierbecher, die vor dem Recyclen erst in die Materialtrennung müssen. Nach ihrem Firmenlauf 2011 haben die Siegener Veranstalter in einem Projekt mit der KlimaAgentur NRW in zahlreichen Handlungsfeldern bewusst auf einen klimaneutralen oder klimafreundlichen Einsatz von Technik geachtet: bei Werbung und Mobilität, Catering, Gebäuden, Wasser, Müll, Equipment, Printprodukten, bei der Logistik am Veranstaltungsort, beim Bezug der Finisher-Shirts. Ergebnis: Beim AOK-Firmenlauf 2012 war der CO2-Ausstoß um 14 Tonnen reduziert worden.
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