Sport: SC Potsdam kündigt fünf Top-Athleten
Brandenburgs größter Sportverein hat kein Geld mehr für seine Leichtathleten
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Weil er die finanzielle Unterstützung nicht garantieren kann, hat der SC Potsdam (SCP) erst vor sechs Wochen unterschriebene Verträge mit fünf seiner Top-Leichtathleten gekündigt. Am vergangenen Freitag teilte SCP-Geschäftsführer Peter Rieger den Kader-Athleten Sarah Mayer und Dominik Strauß (beide Speerwurf), Markus Münch (Diskus) sowie Max Pietza und Felix Wenzel (beide Dreisprung) mit, dass ihre Verträge für 2015 vorsorglich aufgehoben werden.
„Die finanziellen Herausforderungen, die wir seit 2011 zu bewältigen hatten, und die Auswirkungen der Schließung der Hallen im Luftschiffhafen in 2014 stellen uns vor eine Situation, die es uns nicht erlaubt, die Verträge zu garantieren und die damit verbundenen Verpflichtungen in 2015 einzuhalten“, heiß es in einer Presseerklärung. Unter anderem hatte der SC Potsdam aufgrund der Hallen-Misere mehrere Hundert Vereinsmitglieder und somit Beitragszahler verloren.
Wie Rieger gegenüber den betroffenen Sportlern erklärte, könne er es nicht verantworten, die Verträge laufen zu lassen, ohne zu wissen, wie die darin vereinbarten finanziellen Verpflichtungen gewährleistet werden können. Bis zuletzt habe der Verein versucht, Sponsoren und Geldgeber zu finden, sei aber bislang erfolglos geblieben. Diskuswerfer Markus Münch zeigte sich verständnisvoll: Der Verein habe bis zuletzt alles versucht, um die Finanzierung der Verträge zu gewährleisten. Aber: „Es fehlen Geldbeträge von Stadt und Sponsoren“, wird er auf der Homepage des deutschen Leichtathletikverbandes (DLV) zitiert.
Über die Höhe der Finanzspritze haben die Athleten in ihren Verträgen eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben, an die sich Dreispringer Max Pietza nach wie vor gebunden fühlt. „Es war schon ein Betrag, der es mir ermöglicht und erleichtert hat, meinen Sport zu machen“, sagt der 20-Jährige, der in diesem Jahr knapp an die 16-Meter-Marke heransprang. Auch für Speerwerferin Sarah Mayer war die Unterstützung „mehr als ein Taschengeld“, wie sie sagt. So konnte sie bislang mithilfe der Vereinszuschüsse ihre Trainingslager finanzieren. „Ob ich nächstes Jahr ein Trainingslager machen kann, weiß ich nicht“, sagt die 23-Jährige, die nach einer Schulterverletzung infolge eines Ski-Unfalls vor einem Jahr und einer Schlüsselbein-Operation im November wieder gut ins Training gefunden hat und kommendes Jahr die Universade anpeilt.
Alles andere als optimal ist der Zeitpunkt der Kündigungen: Am 30. November endete die Wechselfrist für die Athleten. Zwar betont der SCP-Vorstand, dass die betroffenen Sportler in einen anderen Vereinen wechseln können, wenn sie das aufgrund der neuen Umstände erwägen. Ausnahmen lässt der DLV aber nur in Sonderfällen zu.
Doch hegen zumindest Münch und Pietza bislang keine Wechselabsichten. „Ich bin bei der Bundeswehr und damit zum Glück nicht auf die Gelder angewiesen“, erklärt Münch. „Ich stehe zum Verein und werde im nächsten Jahr versuchen, meine Leistung zu bringen, um Sponsoren auf uns aufmerksam zu machen.“ Die Stadt Potsdam und ihre Unternehmen müssten endlich aufwachen: „Alle denken, der SC Potsdam ist ein Top-Verein, da läuft das schon. Jetzt sieht man, dass auch er finanzielle Probleme hat.“ Auch Pietza betont, dass er die Trainingsbedingungen in Potsdam schätze. Ebenso Sarah Mayer, die sich seit elf Jahren in Potsdam zu Hause fühlt und als Angestellte der Landespolizei ihr Geld verdient. Doch sagt sie: „Ich muss das noch sacken lassen.“
Als tragender Verein des Bundesstützpunktes hat der SC Potsdam mit Christopher Linke nun noch einen A-Kader, fünf B- und sieben C-Kader unter Vertrag. Die Zukunft der Leichtathletik in Potsdam wurde erst in diesem Jahr mit dem Bau eines neuen Werferhauses im Luftschiffhafen bejaht. Nun ist sie, zumindest in Brandenburgs größtem Sportverein, mehr als fraglich.Peter Könnicke
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