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SERIE: Scharfmacher aus den Tropen Pflanze des Monats

Chili als Aphrodisiakum und Kampfmittel

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Am Botanischen Garten der Universität Potsdam wird nicht nur geforscht. In den Gewächshäusern und im Freiland können die Besucher auch zahlreiche Blüten bewundern. In den PNN stellen Biologen der Uni einmal im Monat eine Pflanze vor.

Die Gattung Capsicum aus der Familie der Nachtschattengewächse umfasst etwa zwei Dutzend wilde und fünf wegen ihrer Früchte kultivierte Arten. Auf Deutsch werden diese je nach ihrer Schärfe Paprika, Chili oder Cayennepfeffer genannt. Die milden Gemüsepaprika, von denen hier nicht weiter die Rede sein soll, gehören zur Art C. annuum („einjährig“). Die scharfen, manchmal höllisch scharfen Chilis können von allen fünf kultivierten und einigen der wilden Arten stammen. Botanisch handelt es sich allerdings weder um Chili-„Schoten“ noch um Kapseln, wie der Name Capsicum nahelegt, sondern eigentlich um Beeren. Schoten und Kapseln entlassen bei Reife die Samen, während Beeren Schließfrüchte sind und sich nicht öffnen. Vollreif getrocknete Chilis sind denn auch geschlossen.

Alle Chilis kamen ursprünglich nur in Lateinamerika vor. Von Kolumbus erstmalig mitgebracht, verbreiteten sie sich sehr schnell in den Gemüsegärten der Tropen der ganzen Welt, wo in der Küche offenbar ein großer Bedarf an Scharfmachern bestand. In Europa war das Interesse dagegen gering; hier war man auf den Schwarzen Pfeffer scharf, welcher ja überhaupt erst der Grund für die Fahrten des Kolumbus gewesen war. Aber den gab es eben nicht in Amerika, sondern in Indien.

Es ist nicht ganz klar, warum Menschen scharf gewürztes Essen überhaupt lecker finden. Die bakterien- und pilztötende Wirkung von Capsaicin, dem wesentlichen Scharfmacher in Chilis, ist aber gut erforscht. Chili wirkt so dem frühzeitigen Verderben von Speisen entgegen, was in den Tropen wegen der Hitze besonders relevant ist. Plausibel ist auch die Idee, der Körper reagiere auf die von der Schärfe ausgelöste Schmerzempfindung mit der Ausschüttung von Endorphinen, welche als körpereigene Rauschdrogen Schmerzen dämpfen und den Esser stimulieren und euphorisieren. Diese Wirkung passt auch gut zu der Auffassung, scharfe Gewürze seien zugleich Aphrodisiaka, also erotische Anreger.

Etwas ganz anderes hatte das indische Verteidigungsministerium im Sinn, als es eine Studie zur Schärfe von in Indien kultivierten Chilis in Auftrag gab. Dabei kam heraus, dass Indien über die weltweit schärfsten Chilis verfügt, gut doppelt so scharf wie die schärfsten bis dahin bekannten. Statt für die Erotik war allerdings eher an die Verwendung im chemischen Kampfstoffbereich gedacht, ähnlich dem zur Selbstverteidigung benutzten Pfefferspray, welches übrigens als wesentlichen Wirkstoff das Capsaicin aus Chilis enthält. Wem es also beim nächsten Besuch eines indischen Restaurants nicht scharf genug sein sollte, der könnte zum Nachwürzen theoretisch ein Pfefferspray beutzen. Michael Burkart

Unter dem Titel „Der Zauber Indiens" können Besucher am 16. und 17. Oktober ab 19 Uhr im Botanischen Garten indische Gewürze und indische Tänze kennenlernen, vorgeführt vom Tanzstudio Aladdina aus Teltow. Für Kinder gibt es die „Wunder des Orients“ am Sonntag, dem 18. Oktober, um 14.30 Uhr zu erleben. Karten unter Tel. 0331/977 19 62.

Michael Burkart

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