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Sport: Schau’n mer mal

Die Vorstandsmitglieder des SV Babelsberg 03, die im November 2011 für einen Zehn-Jahre-Vertrag mit dem Vermarkter Sportsmen Group stimmten, sind als Zeugen am Oberlandesgericht München geladen

Stand:

Es wird spannend im Rechtsstreit zwischen dem Fußball-Viertligisten SV Babelsberg 03 und der Münchner Sportsmen Group. Am 22. Dezember, dem Montag vor Heiligabend, sind ehemalige Vorstandsmitglieder des Potsdamer Vereins vor das Oberlandesgerichts (OLG) München in der Prielmayerstraße geladen.

Das OLG hat mittlerweile sechs Zeugen, darunter mehrere auch ehemalige Vorstandsmitglieder, in dem Rechtsstreit geladen, der für den SV Babelsberg 03 große Bedeutung haben wird.

Am Ende des Tages könnte am etwas klarer sein, ob der Verein, damals in der dritten Liga mit finanziellen Nöten kämpfend, im November 2011 einen gültigen Zehn-Jahres-Vermarktungsvertrag mit der Sportsmen Group aus München geschlossen hat oder nicht. Die Zeugen sollen über eine Vorstandssitzung aussagen, auf der der Vertrag abgesegnet worden sein soll. Auf dem Vermarkter ruhten damals große Hoffnungen der Babelsberger, die aber schnell zerplatzten.

Anlass der Zeugenbefragung ist eine Zivilklage des Münchner Vermarkters gegen den jetzigen Viertligisten, um wie berichtet Auskunft über die Sponsoreneinnahmen der Saison 2012/2013 zu erhalten. Die Sportsmen Group will darauf aufbauend Provisionen geltend machen, im Raum stehen 160 000 Euro. Dabei sollen ihr laut Vertrag auch dann Provisionen von bis zu 30 Prozent zustehen, wenn sie keinen Anteil an der Sponsorengewinnung hat. Vor allem diese Regelung sieht der jetzige Vorstand um Archibald Horlitz als nachteilig an und hat den Vertrag gekündigt – ob wirksam oder nicht, ist umstritten.

Während die Sportsmen Group wie berichtet in der ersten Instanz Erfolg hatte, entdeckten die Richter am OLG einen möglicherweise gravierenden Mangel beim Vertragsschluss. Nach ihrer Ansicht konnte der Vertrag nicht, wie geschehen, durch Thomas Bastian als Vorstandsvorsitzendem und den damals als Geschäftsführer beschäftigten, aber nicht zum Vorstand gehörenden Klaus Brüggemann abgeschlossen werden. Eine solche Vertretung widerspreche der Vereinssatzung, fanden die OLG-Richter, nach der nur Vorstandsmitglieder den Verein vertreten können. Möglicherweise gab es vor dem Vertragsschluss jedoch einen Vorstandsbeschluss, der Brüggemanns Mitwirken für diesen Einzelfall erlaubte. Weil die Sportsmen Group dies jetzt behauptet, werden am 22. Dezember ab 11 Uhr vermutlich die sechs Zeugen gehört. Deren Zahl wird sich möglicherweise in den folgenden Wochen noch erhöhen. Die Reisekosten muss die Sportsmen Group vorschießen, die den gesamten SVB-Vorstand als Zeugen benannt hatte und nun nach und nach die ladungsfähigen Anschriften nachreicht.

Beim SVB ist man optimistisch, die Behauptung der Sportsmen Group widerlegen zu könne, und verweist auf das Protokoll der damaligen Sitzung. Von einer Bevollmächtigung für Brüggemann stehe dort nichts. Die nach PNN-Informationen am 2. November getroffene Entscheidung, den Vertrag mit der Sportsmen Group abzuschließen, sieht SVB-Anwalt Jörn Lassan als eine interne Absichtserklärung, rechtlich ohne Bedeutung, als internen Vorgang ohne Außenwirkung. Anwalt Lassan zieht folgenden Vergleich: Das sei so, als ob zwei Eheleute zueinander sagen, wir werden den Pkw bei Kfz-Müller zu dem dort angebotenen Preis kaufen. Dadurch komme kein wirksamer Kaufvertrag zustande, und die Eheleute sind weder untereinander noch gegenüber dem Kfz-Händler gebunden. Der Blick ins Protokoll reicht den Münchner Richtern aber nicht – sie wollen die Zeugen hören.

Welcher Seite das Gericht folgt und wie es die Zeugenaussagen rechtlich bewertet, wird am 22. Dezember deutlich werden, auch wenn es an diesem Tag noch kein Urteil geben dürfte. Zuvor hatte der SVB eine Vergleichsanregung des Gerichts, die über 160 000 Euro gelegen haben soll, abgelehnt. Neben rechtlichen Gründen sieht man sich auch vor dem Problem, das Geld eigentlich nicht dafür ausgeben zu können – der Etat der Grundgehälter für das Regionalligateam liegt bei ungefähr 300 000 Euro.

Selbst wenn die Klage der Sportsmen Group vom OLG in München abgewiesen und der Vertragsschluss für unwirksam erklärt wird, ist der SVB finanziell wohl nicht aus dem Schneider. Dann dürfte die Rückzahlung von 119000 Euro bei Vertragsunterzeichnung im November 2011 (signing fee) sowie die Zahlung von Leistungen anfallen, die die Sportsmen Group tatsächlich erbracht hat. Auch hier wappnet man sich beim SVB, spricht von Gegenforderungen und verweist darauf, dass dies in einem anderen Klageverfahren zu klären wäre.

Zunächst aber geht es für die Ex-Vorstände und den Anwalt nach München – wo vielleicht Zeit bleibt, doch noch die Annehmlichkeiten der bayrischen Metropole zu genießen. Wie groß der Wert der Reise war, dürfte frühestens in 2015 feststehen – bei einem Urteil und möglicherweise einer neuen Klage.

Ingmar Höfgen

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