Landeshauptstadt: „Schaut auf diese Mangerstraße!“
300 Anwohner protestierten gegen Asphaltausbau / Hoffnung auf die Politik
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Berliner Vorstadt - Ist das das Ende der klassischen politischen Hochburgen in Potsdam? Als der Chef der städtischen Linksfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg, gestern Abend vor etwa 300 demonstrierenden Anwohnern der Berliner Vorstadt einen Ausbau der Mangerstraße für verzichtbar erklärte, erntete er Jubel und Beifall. Als jedoch der CDU-Stadtverordnete Peter Schultheiß den mit dem Verlust des historischen Steinpflaster einhergehenden Ausbau verteidigte, wurde er lauthals ausgepfiffen. Schultheiß wörtlich: „Wir haben das beschlossen und werden das auch so durchziehen“ – einschließlich des zweiten Bauabschnittes, „denn die Schäden sind da“, so der CDU-Politiker.
Ob Schultheiß recht behält wird sich auf der Stadtverordnetenversammlung am kommenden Mittwoch entscheiden. Neben Scharfenberg, der eine Revision des Stadtverordnetenbeschlusses zum Ausbau des ersten Bauabschnittes von der Gotischen Bibliothek bis zur Otto-Nagel-Straße als „wünschenswert“ bezeichnete, votierten auch andere Stadtpolitiker für eine Würdigung der Anwohnerwünsche. Saskia Hüneke (Bündnisgrüne) befürchtete, dass in Potsdam eine Pflasterstraße nach der anderen „aufgerieben“ werden soll. „Ich hoffe auf einen Baustopp am Mittwoch“, so die Stadtverordnete. Marcel Yon, designierte FDP-Oberbürgermeisterkandidat, sagte, die Stadt wolle mit dem Ausbau nur Fördermittel „abgrasen“. Es fehle eine langfristige Planung, der Stadtverwaltung solle man ihr Vorgehen nicht durchgehen lassen. Yon: „Irgendwann ist Schluss!“ Peter Daniel, Vorsitzender des Vereins Berliner Vorstadt, erinnerte daran, wie sehr der Stadtteilverein um eine Gestaltungssatzung für die Berliner Vorstadt gerungen habe. Daniel: „Wir fordern, dass diese Dinge auch eingehalten werden.“
Das positive Votum der Grundstückseigentümer des ersten Bauabschnittes nahm die namhafte Journalistin Georgia Tornow aufs Korn: „Manchmal werden Wahlkreise nach der Wahl ja auch neu abgesteckt, bis das gewünschte Ergebnis da ist.“ Die Stadt gehe nach der Salamitaktik vor, nach dem ersten Bauabschnitt werde der zweite folgen. Georgia Tornow sprach sich für eine behutsame Sanierung der Mangerstraße aus: „Substanzerhaltung ist keine Schlagloch-Romantik.“
Für eine behutsame Sanierung unter Erhalt des bestehenden Pflasters sprachen sich ebenfalls die Anwohnerinnen Simone Oelke und Silvia Huppertz aus. Bereits der erste Bauabschnitt wäre ein schwerer Eingriff in die Denkmalsubstanz. Sie forderten ein Gesamtkonzept für alle Straßen der Berliner Vorstadt. Anwohner Ingolf Mertens appellierte im Stil Ernst Reuters an die Politik: „Schaut auf diese Mangerstraße!“Guido Berg
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