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Landeshauptstadt: Scherben statt Schatzkiste

Kellergeheimnisse in der Benkertstraße / Laien helfen bei Grabungen

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Eine Schatzkiste hat der hugenottische Einwanderer Jaques Duquesne in den Fundamenten des Hofgebäudes des vom ihm 1743 übernommenen Grundstücks Benkertstraße 3 nicht hinterlassen und auch keine Leiche im Keller vergraben. Dennoch waren die Ausgräber, die sich dort gestern ans Werk machten, mit der Ausbeute zufrieden. Sie fanden Keramikscherben, Glas, Metall und eine Tonkugel, die geborgen wurden und nun einer Auswertung harren. In den Gruben stießen sie in schweißtreibender Arbeit mit Spaten, Spitzhacke und Kratzer bis ins frühe 19. Jahrhundert vor. Die darunter liegenden älteren Schichten bergen vielleicht weitere Überraschungen, eine Fortsetzung der Grabung ist angedacht.

Die Idee dazu hatte die Potsdamer Urania. Sie gewann dafür die Prähistorikerin Marita Genesis, die zurzeit mit der Archäologie Manufaktur auch an den Ausgrabungen auf dem Stadtschlossgelände beteiligt ist. Sie leitete gestern die Arbeiten in der Benkertstraße, denen ein einführender Vortrag der Stadtarchäologin Gundula Christl vorangegangen war. Zentimeter für Zentimeter wurden die Bodenschichten abgetragen, Funde auf Zeichnungen erfasst und dokumentiert. Die Einbeziehung von Laien in Grabungen hat Genesis schon mehrfach praktiziert. Mit Schülern der Voltaire- und der Steuben- Gesamtschule untersuchte sie bereits den Boden auf dem Alten Markt und am Straßenbahndepot in der Holzmarktstraße.

Mit in Mode gekommenen archäologischen „Shows“, bei denen vorher Gegenstände versteckt werden, haben diese Grabungen nichts zu tun. Sie leisten vielmehr einen ernsthaften Beitrag zur stadtgeschichtlichen Forschung, bestätigte auch Stadtarchäologin Christl. Hier im Holländischen Viertel hat es bisher kaum Grabungen gegeben. Auf dem berühmten Plan von Suchodoletz 1683 noch als Sumpfwiese verzeichnet, konnte es gut 50 Jahre später unter Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. nur durch aufwändige Pfahlgründung mit 134 Häuschen bebaut werden. Allein für drei Grundstücke in der heutigen Friedrich-Ebert-Straße wurden über 1000 sieben Meter lange Eichenpfähle in den Boden gerammt. Keller gibt es in diesem Viertel deshalb kaum, die Benkertstraße 3 ist eine der Ausnahmen. Im vom Potsdam-Museum genutzten Vorderhaus sind diese Räume bereits freigelegt, die gestrigen Grabungen auf dem Gelände versprechen weitere Aufschlüsse über das Alltagsleben der Bewohner.

Stadtarchäologin Christl ist auf der Suche nach weiteren Grundstücken, auf denen Grabungen mit Hilfe von Laien in Angriff genommen werden können. Eins hat sie bereits gefunden. Am Jagdschloss Stern will der gleichnamige Förderverein in Kürze die von Erde bedeckten Reste eines historischen Backofens ausgraben und ihn wiederherstellen. E.Hoh

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