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Landeshauptstadt: Schiffbauergasse plus Abendrot

Im Dezember beginnt mit dem Baustart für den Schinkel-Speicher die Entwicklung der Speicherstadt – ein Projekt, das in zehn bis 15 Jahren „160 bis 200 Millionen Euro“ private Investitionen auslösen soll

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Teltower Vorstadt - Es soll ein Sprung aus der Vergangenheit in die Zukunft werden: Wer gegenwärtig via Leipziger Straße nach Potsdam kommt, der könne kaum umhin, sich „düstere Vorstellungen von der Stadt zu machen“, erklärte gestern Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Die Speicherstadt erwecke den Eindruck, als sei dort „seit dem Zweiten Weltkrieg nichts mehr passiert.“ Jakobs: „Es schreit nach Entwicklung.“

Nun scheint der Schrei Gehör gefunden zu haben: Wie Jakobs darlegte, werde die Speicherstadt einmal „besser als die Schiffbauergasse“ – zumindest, was die Himmelsrichtung angehe, denn an dem Wasserstandort in der Teltower Vorstadt sei der Sonnenuntergang sehr schön zu beobachten. Jakobs zufolge wird die Prinz von Preußen Grundbesitz AG noch im Dezember dieses Jahres mit dem Umbau des von Karl Friedrich Schinkel und Karl Hampel 1835 erbauten historischen Kornspeicher beginnen. Wie die Baubeigeordnete Elke von Kuick- Frenz (SPD) präzisierte, erfolge der offizielle Baubeginn zum „Zweiten Advent“, demzufolge am Sonntag, den 9. Dezember. Die Prüfung des Bauantrages stehe kurz vor dem Abschluss. Anfang 2009 soll der Speicher von Hampel und Schinkel fertig sein, ergänzte Frank Lotz, Vorstandsmitglied der Prinz von Preußen Grundbesitz AG. Auf 3600 Quadratmetern Wohnfläche direkt an der Wasserlinie entstehen 30 Wohnungen mit einer Größe von 70 bis 220 Quadratmetern. Den Quadratmeter-Preis bezifferte Lotz mit 3500 bis 3800 Euro. Alle Wohnungen seien bereits verkauft. Das gelte auch für den Boelke-Speicher mit 17 Wohnungen. Der Verkauf der geplanten Wohnungen für den ebenfalls in der südlichen Speicherstadt befindlichen und von Ludwig Persius entworfenen Speicher beginne im kommenden Jahr. Der Persius-Speicher biete 5000 Quadratmeter Wohnraum. „Ende 2009 soll alles fertig sein“, so Lotz, der die Investitionssumme für die Sanierung der historischen Speicher mit etwa 35 Millionen Euro angibt. Auch die Speicherstadt Potsdam GmbH, die im südlichen bis mittleren Bereich vor allem neue Gebäude errichten will, werde etwa 35 Millionen Euro investieren, erklärte Geschäftsführer Peter Münn.

Dritter Eigentümer auf dem Areal des ehemaligen Königlich-Preußischen Proviant-Amtes ist die stadteigene Pro Potsdam GmbH. Deren Geschäftsführer Horst Müller-Zinsius erklärte, Pro Potsdam werde „nur in geringem Maße“ selber investieren, stattdessen die Flächen weiter verkaufen. Dabei liege das Augenmerk nicht allein auf der Wohnnutzung, sondern auch auf gewerbliche Nutzung im Bereich Dienstleistung und Wissenschaft. Müller-Zinsius sprach von einer entstehenden „Wissenschaftsachse vom Telegrafenberg bis zur Speicherstadt“. Als Leitgedanke der Vermarktung formulierte er den Satz: „Wohnen und Arbeiten auf der Sonnenseite Potsdams.“ Die Entwicklungszeit vom südlichen bis zum nördlichen Ende könne zehn bis 15 Jahre dauern. Die Gesamtsumme gibt der Pro Potsdam-Chef mit „160 bis 200 Millionen Euro“ an. Müller-Zinsius: „Das wird mal eines Tages soviel gewesen sein.“

Größte Einzelinvestition dürfte nach der gestern vorgestellten Rahmenplanung ein größerer „Einzelbaukörper“ am Leipziger Dreieck als nördlicher Abschluss der Speicherstadt werden. Jakobs zufolge gibt es die Idee für ein Kongresshotel, welches nicht einem „Konkurrenzverhältnis“ zur Metropolis-Halle von Filmparkchef Friedhelm Schatz stehe, für die am Montag dieser Woche der Grundstein gelegt wurde (PNN berichteten).

Basis der Speicherstadt-Pläne ist ein vom Berliner Architektenbüro Hilmer & Sattler und Albrecht (HSA) erarbeiteter Rahmenplan. Das Büro ist renommiert, es hat auch den Masterplan für den Potsdamer Platz in Berlin erarbeitet – von dem sich die Speicherstadt allerdings schon durch die Höhe unterscheiden wird, denn die Gebäudehöhen am Fuße des Brauhausberges sind auf 15 Meter begrenzt. Als Beispiele für eine ähnliche Bebauung nannte Architekt Thomas Albrecht das Tiergartendreieck in Berlin oder den Olympiaberg in München. „Städtische Dichte wird mit Exklusivität konform gehen“, so Albrecht. Dies solle mit großzügigen Parkanlagen zwischen den Häusern erreicht werden. Für die Neubauten schlägt Albrecht eine Kantenlänge von 22 mal 22 Metern vor – „moderate Gebäude, keine gigantisch langen Schlitten“.

Der Rahmenplan wird den Stadtverordneten auf der Sitzung des Stadtparlaments am 5. Dezember vorgelegt. Oberbürgermeister Jakobs rechnet für Februar 2008 mit einer Beschlussfassung.

Grundlage für die nun angeschobene Entwicklung ist Jakobs zufolge eine Reduzierung der Eigentümerstruktur auf die drei Eigentümer, Pro Potsdam, Prinz von Preußen Grundbesitz AG und Speicherstadt GmbH. Nur so sei ein privates Bodenordnungsverfahren möglich geworden. Anschub bekam das Projekt weiter durch die städtische Umfrage zum Standort des Landtags-Neubau. Viele Potsdamer befürworteten laut Jakobs die Speicherstadt, weil sie sich sagten: „Da muss etwas passieren.“

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