Landeshauptstadt: „Schlachtfeld“ auf dem Alten Markt
Archäologische Grabungen für Landtag beginnen / Christl: Müssen doppelt so schnell wie sonst arbeiten
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Innenstadt - Das „Schlachtfeld“ ist vorbereitet: Ab kommenden Montag starten die archäologischen Grabungen auf dem Alten Markt. Bevor dort im Oktober 2008 mit dem Bau des neuen Landtags begonnen werden kann, muss die Geschichte im Untergrund erforscht und dokumentiert werden. „Dabei gehen wir so vor, wie Friedrich der Große seine Schlachten geschlagen hat“, sagte Jonas Beran, Ausgrabungsleiter der Firma Archäologie Manufaktur GmbH aus Wustermark, gestern vor der Presse. Die Grabungen auf 14 000 Quadratmetern Fläche sind generalstabsmäßig geplant: Je drei Teams mit insgesamt maximal 35 Archäologen sollen den „archäologisch bedeutsamsten Ort der Landeshauptstadt“ unter die Lupe nehmen. Genau zwei Jahre haben die Archäologen dafür Zeit. Eine Herausforderung, denn „wir müssen doppelt so schnell graben wie sonst“, sagt Potsdams Stadtarchäologin Gundula Christl. Zum Vergleich: Bei der Voruntersuchung im Jahr 2001 auf dem Alten Markt wurde 21 Monate auf 8000 Quadratmetern gegraben.
Auch bei den Kosten gibt es laut Christl „keine Luft“: 2,5 Millionen Euro dürfen die Grabungen kosten, damit liege man „am unteren Ende der bisherigen Grabungskosten“, so die Stadtarchäologin. Was passiert, wenn die Arbeiten mehr kosten oder länger dauern, blieb auch bei der gestrigen Pressekonferenz unbeantwortet. „Darüber machen wir uns Gedanken, wenn es soweit ist“, sagte Erich Jesse, Geschäftsführer des Sanierungsträgers Potsdam, der für die Baufeldfreimachung des Areals verantwortlich ist. Zuvor hatte es zwischen Stadt und Kulturministerium Auseinandersetzungen darüber gegeben, wer für Mehrkosten aufkommt. Die Stadt hatte betont, mehr Geld stehe nicht zur Verfügung.
Dabei verbirgt sich unter dem Alten Markt ein mittelalterlicher Stadtgrundriss aus dem 13. bis 17. Jahrhundert, der nirgendwo in Ostdeutschland so gut erhalten sei, sagte Franz Schopper, Landesarchäologe und stellvertretender Direktor der Landesdenkmalpflege. Ein „sorgsamer Umgang“ mit dieser Vergangenheit sei geboten. Grundlage dafür ist eine denkmalrechtliche Erlaubnis, die festlegt, wie die Bodendenkmale dokumentiert und erhalten werden. Unter „Primärschutz“ steht der südliche Teil des ehemaligen Stadtschlosses – dort erwarten die Archäologen im Jahr 2008 die meisten Funde. Diese sollen erhalten bleiben, das heißt, der Landtag soll „schonend“ darüber errichtet werden. Allerdings müssen in diesem Bereich voraussichtlich 75 einen mal anderthalb Meter große Flächen im Abstand von je sechs Metern dokumentiert werden – denn dort soll für das Fundament des Neubaus gebohrt werden.
Im Frühjahr 2008 werde die Tram auf einem „Damm“ direkt durch die Ausgrabungen fahren, kündigte Jesse an. Offen sei noch, ob Teile der Bodendenkmale – etwa der einst 500 Quadratmeter große, mit zwölf Säulen ausgestattet Weinkeller – in den Landtagsneubau integriert werden. Dies hänge vom Architekten ab. Im nördlichen Teil des Schlosses und im Innenhof werden die bis zu zwei Meter tief liegenden Bodendenkmale in sieben Stufen dokumentiert. Erhalten bleiben sie nicht, dort wird die Tiefgarage für den Landtag gebaut. Damit einher geht auch der zweite Abriss des Stadtschlosses: Dessen Grundmauern werden nach Untersuchung abgetragen.
Bei der Dokumentation der Spuren im Erdreich hilft eine Innovation der Potsdamer Firma ObjectScan GmbH, die mit der Archäologie Manufaktur GmbH die europaweite Ausschreibung für die Grabung gewonnen hatte: Per Laserscanner können die Funde digital erfasst und auf dem Computer dreidimensional dargestellt werden.
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