
© Andreas Klaer
Von Nicola Klusemann: Schläge – häufig bis regelmäßig
Jede vierte Frau hat Gewalterfahrung / Plakataktion bewirbt Beratungsstellen und Frauenhäuser
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Das Plakat ist ein Widerspruch: Eine Mutter küsst zum Abschied liebevoll ihre Tochter, darüber steht: „Ich bin ein Stück Dreck. Er hat recht.“ Entwickelt wurde das Motiv zum Thema Gewalt an Frauen nach einer Bundesstudie zur Situation von Frauen in Deutschland. Jede vierte der über 10000 befragten Frauen haben Gewalt in Partnerschaften erfahren, die meisten häufig bis regelmäßig. Allerdings wussten nur sieben Prozent der Betroffenen, wo sie sich hilfesuchend hinwenden können.
„Für uns ein sehr bedauerliches Ergebnis“, sagte gestern Lydia Sandrock, Psychologin der Potsdamer Beratungsstelle für Frauen und Mädchen, die die Plakatkampagne vorstellte. Ihr und auch dem Autonomen Frauenzentrum, Trägerverein des Frauenhauses, stünden nur ein geringer Werbeetat zur Verfügung, so dass es schwierig sei, die eigenen Angebote publik zu machen, sagte Sandrock. Um so erfreulicher, dass die Frankfurter Werbeagentur Y&R Germany Entwurf und Druck von 10 000 Plakaten sponserte. Bundesweit werde das gleiche Bild verwandt, nur unten links in der Ecke stünden die jeweiligen Kontaktdaten der regionalen Beratungsstellen. Gestern wurden sie in Potsdam und Potsdam-Mittelmark an Ärzte, Apotheker und auch die Arbeitsgemeinschaften der Arbeitsagenturen verschickt – mit der Bitte, sie aufzuhängen. Die Werbekampagne startet anlässlich des Internationalen Frauentages am morgigen 8. März.
Neben der Beratungsstelle und dem Frauenhaus gehören auch der Mädchentreff Zimtzicken und der Bereich Kunst und Kultur zu den Aufgaben des Trägervereins. Die Schutzsuchenden wieder aufzubauen, sei auch Auftrag des Autonomen Frauenzentrums, erklärte dessen Geschäftsführerin Heiderose Gerber. „Wir bieten weibliche Vorbilder“, sagte Gerber und verwies auf eine Buchpremiere am 11. März um 18 Uhr in der Landeszentrale für politische Bildung in der Heinrich-Mann-Allee 107. Das Buch „Zwischen Tradition und Eigensinn“ zeichnet die Lebenswege Potsdamer Frauen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert nach. In Kunstkurse in der Zeppelinstraße 189 könnten sich die Teilnehmerinnen selbst beweisen. Nach zum Teil jahrelanger Demütigung sei es wichtig zu erfahren: „Ich kann was“, so die Sozialarbeiterin. Der Mädchentreff „Zimtzicken“ leistet vor allem Präventionsarbeit. „Wir wollen die Mädchen zwischen acht und 18 Jahren stark machen“, so Wiebke Matthesius-Handorf und auch Berufsperspektiven jenseits der üblichen Klischees eröffnen. Um so ärgerlicher sei es, wenn wie vor kurzem eine Jobberaterin dann in den Treff käme und nur den Ausbildungsplan für Friseurinnen dabei hat.
Nicola Klusemann
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