Landeshauptstadt: Schlagen und Treten verboten
In Vereinen wie dem RC „Germania“ Potsdam können junge Männer ihre persönlichen Ziele finden
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Karsten Siegert wirft und schleudert seinen Gegner aus dem Stand zu Boden. Zu zweit findet ein Kampf statt, der so aussieht, als würden sich die jungen Männer verknoten. Wer mit beiden Schultern am Boden liegt, hat verloren. Schlagen und Treten ist verboten.
Der 21-jährige Karsten ist athletisch und muskulös. Seine Haut ist braun. Er ist einer von etwa 15 Ringern aus der Zweitliga-Mannschaft des Potsdamer Ringerclubs „Germania“. Klitschnass vom Training erinnert sich Karsten in einer Pause: „Als ich sieben Jahre alt war, wurde in meiner Schule ein Ringerkurs angeboten: Mich packte sofort die Neugier.“ Seitdem hat den Studenten das Ringen nicht losgelassen. Mit seinen etwa 100 Kilogramm gehört er zu den schwereren Mattenkämpfern der Truppe. „Jeder Muskel wird beim Kampf beansprucht“, sagt der 21-Jährige kurz. Drei Mal ist er Deutscher Meister in seiner Alters- und Gewichtsklasse geworden. Im Moment bereitet er sich auf die neue Saison in der Zweiten Bundesliga vor, die Samstag beginnt. „Dann reisen die wir nach Gelenau ins Erzgebirge“, sagt er schnell. Bis dahin trainieren die Potsdamer Ringer mehrmals in der Woche, um ihre Körper so fit wie möglich zu machen.
Seit 15 Jahren ringt der Verein mit seinen über 100 Mitgliedern in der zweiten Bundesliga. Der größte Teil von ihnen sind Kinder und Jugendliche. „Wir sind seit 1990 weder ab- noch aufgestiegen. Aber es ist immer schwer, diese Position zu halten“, sagt Reiner Leffler, Trainer der Männermannschaft. Der 51-Jährige ist neben seinem Beruf als Polizeibeamter selbst seit etwa 20 Jahren Ringer.
Alexander Pippel ist ein Nachwuchssportler und mit seinen 15 Jahren der Jüngste in der Gruppe. Er sagt: „Ich habe damit angefangen, weil ich meine Muskulatur aufbauen will.“ Der Sport erfordere viel Kraft, deswegen sei regelmäßiges Training extrem wichtig. „Ich ringe jetzt seit acht Jahren und es macht mir großen Spaß“, sagt er kurz und knapp. Alexander trainiert mit Björn Hoffmann, seinem 18-jährigen Kampfgegner. An und mit ihm könne er sich gut messen und seine Grenzen austesten. Beide sind etwa gleich groß, schlank und sportlich. Sein schnelles Atmen verrät: Der Kampf war anstrengend. Ziele hat er noch viele. „Ich möchte einmal an der Deutschen Meisterschaft teilnehmen“, sagt er. Der Schüler möchte den Sport noch lange ausüben: „Bis ich alt und grau werde“, sagt er kurz. Und kehrt sofort wieder auf die gelben Matten zurück.
Neben den beiden jungen Männern trainiert auch der ehemalige DDR-Meister, Olaf Bock. Wird er gefragt, was das Besondere an dem Kraftsport mit Ganzkörpereinsatz sei, dann sagt er schlicht: „Man durchlebt beim Ringen verschiedene Facetten des Lebens“. 2005 und 2006 hat der 34-Jährige jeweils den Deutschen Mannschaftsmeister-Titel gewonnen, seit einem Jahr ist er bei „Germania“ Männer- und Juniorentrainer. Er und auch Trainer Reiner Leffler setzen auf ihre Nachwuchskräfte: „Wir freuen uns, wenn wir bei Jugendlichen Erfolge sehen und ihre große Bereitschaft entdecken.“ Es sei wichtig, dass der Verein eigene Sportler entwickele, um konkurrenzfähig zu bleiben. „Wir vermeiden teure Einkäufe“, sagt Leffler. Zur Zeit fehle es an Nachwuchs. Doch der Blick in die Halle zeigt zumindest: Enthusiasmus ist vorhanden, wenn Athleten wie Karsten Siegert ihren Gegner zu Boden schleudern.
Diana Krüger
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