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Aus dem GERICHTSSAAL: Schlägerei im Steakhaus

Freispruch wegen unklarer Beweislage

Stand:

Es war eine Keilerei unter gestandenen Männern. Zuerst flog ein Stuhl durch die Luft, danach Teller und Tassen des Interieurs eines Babelsberger Steakhauses. Welcher der beiden Streithähne wem einen Halbliter-Henkelkrug über den Kopf schlug, blieb während der Verhandlung im Dunklen. Fakt ist: Nach der Attacke lagen beide vier Tage lang mit annähernd den gleichen Verletzungen im Bergmann-Klinikum. Nach kontroverser Beweisaufnahme konstatierte Amtsrichterin Waltraud Heep jetzt: Sowohl der wegen gefährlicher Körperverletzung Angeklagte Amir A.* (46) als auch das vermeintliche Opfer Yassir Y.* (45) schwindelten das Blaue vom Himmel herunter. So konnte es nur einen Freispruch geben.

Rückblende: Kellner Amir A. leidet unter den Folgen eines Bandscheibenvorfalls, kann nur mit halber Kraft im Steakhaus arbeiten. Am 6. Juli 2013 macht der gebürtige Syrer vorzeitig Feierabend. Das ärgert Aushilfe Yassir Y. aus Ägypten. Am darauffolgenden Nachmittag soll er seinen Kollegen sehr unfreundlich zur Rede gestellt haben, da er sich von ihm im Stich gelassen fühlte. Laut Anklage seien den Beleidigungen dann Tätlichkeiten gefolgt. Kellner Amir A. habe einen Stuhl ergriffen, diesen Yassir Y. gegen die linke Hand geschlagen. Danach soll er seinem Kollegen ein Halbliter-Bierglas über den Schädel gezogen haben. Yassir Y. erlitt laut Staatsanwaltschaft eine stark blutende Kopfplatzwunde sowie ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades.

„Ich bin das Opfer“, empörte sich der seit vielen Jahren in Deutschland lebende Angeklagte. Yassir Y. sei mit dem Bierkrug auf ihn zugestürmt und habe gedroht, ihn zu töten. Da ihn sein Arzt vor unbedachten Bewegungen warnte, habe er einen Stuhl ergriffen, um den Angriff abzuwehren. Als sich Yassir Y. davon nicht beeindruckt zeigte, habe er Teller und Tassen genommen, die auf dem Tresen standen, und dem Wütenden vor die Füße geworfen. Dennoch habe der Aushilfskellner den Bierseidel in seine Richtung geschleudert und ihn im Gesicht getroffen, erzählte Amir A. „Ich ging zu Boden. Dann hat Yassir Y. mit Füßen auf mich eingetreten.“ In der Rettungsstelle wurden dem Angeklagten eine Gehirnerschütterung, eine Nasenbeinprellung, eine Risswunde an der Unterlippe und diverse Hämatome attestiert.

Für die fühlte sich Yassir Y. allerdings nicht zuständig. Er allein sei der Geschädigte, betonte der in seiner Heimat als Jurist Ausgebildete. „Wir waren beide stinksauer. Amir A. drohte, dass gleich etwas passieren würde. Um ihm zu zeigen, dass ich keine Angst habe, bin ich aufgestanden und auf ihn zugegangen. Da hat er den Stuhl geworfen, anschließend das Halbliterglas. Das traf mich am Hinterkopf. Ich habe geblutet, mir war übel.“ Der Angeklagte habe geäußert, er wisse, wo er wohne und werde Leute vorbeischicken, falls er Anzeige bei der Polizei erstatte, so das vermeintliche Opfer.

„Die Verletzungen meines Mandanten waren massiv. Sie sind nicht in Übereinstimmung zu bringen mit den Aussagen des Zeugen“, betonte der Verteidiger von Amir A. „Darauf kann man kein Urteil gründen.“ (*Namen geändert.) Hoga

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