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Landeshauptstadt: Schneller Prozess für Langfinger

„Ich bin zu Real gegangen, habe das Ding geklaut und wurde erwischt“, fasst Sebastian S.* (20) lakonisch den Vorfall vom 20.

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„Ich bin zu Real gegangen, habe das Ding geklaut und wurde erwischt“, fasst Sebastian S.* (20) lakonisch den Vorfall vom 20. Oktober 2005 zusammen. Etwas mehr möchte die Jugendrichterin allerdings über die Motive des Langfingers erfahren, der sich jetzt im beschleunigten Verfahren vor dem Amtsgericht verantworten muss. Der Auszubildende nuschelt: „Wieso? Ich habe doch schon 50 Euro Fangprämie gezahlt. Außerdem habe ich das Gerät zurückgegeben und Hausverbot bekommen. Eigentlich dachte ich, die Sache ist damit gegessen.“

„Was wollten Sie mit dem MP3-Player im Wert von 239 Euro?“, hakt die Vorsitzende nach. „Bei der polizeilichen Vernehmung haben Sie ausgesagt, Sie wollten ihn verkaufen. Sind Sie zielgerichtet in den Supermarkt gegangen, um ihn zu stehlen? Wer sind ihre Abnehmer?“

Sebastian S. windet sich wie ein Aal. „Ich habe dort ja ein paar Kleinigkeiten gekauft“, verteidigt er sich. „Die Player hingen an einem Ständer. Sie waren nicht verpackt.“ Deshalb sei er auf die Idee gekommen, sich blitzschnell einen zu schnappen und in seinen Rucksack zu stecken. „Ich wollte ihn für mich haben, ehrlich!“ Dass er dabei von einer Videokamera erfasst werden könnte, sei ihm nicht in den Sinn gekommen, gesteht der Kurzhaarige.

Sebastian S., der leicht körperbehindert ist, absolviert im Oberlinhaus gegenwärtig eine Ausbildung zur Bürokraft. Es fällt ihm auch schwer, sich zu artikulieren. Die zum Prozess geladene Vertreterin der Jugendgerichtshilfe plädiert dafür, bei dem Angeklagten noch Jugendstrafrecht anzuwenden. Staatsanwaltschaft und Gericht stimmen dem zu. „Ich gehe davon aus, es war das erste und letzte Mal, dass Sie ihr Lehrlingsgehalt auf diese Weise aufbessern wollten“, gibt die Vorsitzende zu bedenken. „Ich bin nämlich immer noch der Ansicht, dass Sie auf Bestellung klauen gegangen sind.“

Da das Diebesgut zurückgegeben wurde, der Angeklagte die Fangprämie an Ort und Stelle gezahlt habe, müsse das Verfahren nicht mit einem Urteil enden, befindet das Gericht und stellt das Verfahren gegen den bislang nicht Vorbestraften gegen Ableistung von 30 Sozialstunden vorläufig ein. Bis Ende Juli hat Sebastian S. dafür Zeit. Danach wird die Akte endgültig zugeklappt. (*Name von der Redaktion geändert.) Hoga

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