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Landeshauptstadt: Schnittlauch in Griffweite

Der besondere Kleingartenverein: Mietergärten in den Innenhöfen des Wohnviertels Schlaatz

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Der besondere Kleingartenverein: Mietergärten in den Innenhöfen des Wohnviertels Schlaatz Von Erhart Hohenstein Wenn Peter Högerl Schnittlauch oder Erdbeeren aus seinem Garten holt, geht er aus der Wohnung die Treppe hinunter auf den Hof, und schon ist er da. Högerl ist einer der Pächter und der Vorsitzende des Kleingartenvereins Mietergärten Schlaatz. Die Idee, solche Gärten in den Innenhöfen der großen Neubaugebiete anzulegen, wurde Anfang der 80er Jahre geboren. Damit sollte die Wohnqualität in der „Platte“ erhöht werden. Zum anderen ersparte sich die Stadt, auf eigene Kosten öffentliches Grün anzulegen und zu pflegen. Nachdem die ersten dieser Anlagen in Magdeburg und Neubrandenburg entstanden waren, erhielten auch in Potsdam Bewohner der neuen Waldstadt Mietergärten. Sie waren Wohnungen zugeordnet und konnten deshalb auch nur mit ihnen zusammen vergeben werden. Dies erwies sich als Nachteil und wurde beim Bau des Wohnviertels Schlaatz korrigiert. Hier wurden die Mietergärten auf den Innenhöfen frei vergeben. Auf diese Weise kam auch Peter Högerl zu einer Parzelle, nachdem der Elektrolehrmeister 1983 mit seiner Familie berufsbedingt aus Neuruppin nach Potsdam umgezogen war. Damals war der Schlaatz noch eine Sandwüste, heute ist er gewiss das grünste Wohngebiet Potsdams. Dazu tragen neben den prächtig herangewachsenen Bäumen und Sträuchern auch die in sechs Innenhöfen angeordneten 53 Mietergärten bei. Hier ist vieles anders als in einem landläufigen Kleingartenverein. Dem kurzen Weg aus der Wohnung steht gegenüber, dass man den Gärtnern aus 100 Fenstern der umstehenden Häuser auf die Beete gucken kann. Zwei kleine Gemeinschaftsflächen erlauben zwar abendliche Treffs, doch keine großen Gartenfeste, denn es muss ja Rücksicht auf das Ruhebedürfnis der dicht dran wohnenden Mieter genommen werden. Mit 80 bis 100 Quadratmetern sind die Parzellen nur ein Drittel so groß wie ein üblicher Kleingarten. Eine Bebauung mit Lauben ist nicht erlaubt und wegen der Wohnungsnähe auch nicht nötig. Der Anteil der Beetfläche muss nicht wie sonst vorgeschrieben ein Drittel, sondern 50 Prozent betragen. Das wird streng kontrolliert, denn die Eigentümer – Gewoba und verschiedene Genossenschaften – könnten nicht ordnungsgemäß genutzte Gärten kündigen und darauf für sie finanziell ertragreichere Parkflächen anlegen. Auf einem Zipfel mit drei Parzellen ist das geschehen. Die Schlaatz-Gärtner bauen die üblichen Kulturen an. Die wind- und frostgeschützte Lage in den Innenhöfen lässt empfindliches Edelobst wie Aprikosen und Pfirsiche besonders gut gedeihen. Auch die Bewässerung ist günstig geregelt, denn das Brauchwasser nicht nur für die Gärten, sondern ebenso für das städtische Grün wird durch eine Leitung aus der Nuthe herangeführt. Unter Einbrüchen, Diebstählen oder Vandalismus hat der Verein kaum zu leiden. Zum einen sicherlich deshalb, weil aus den laubenlosen Gärten nicht viel zu holen ist. Zum anderen wehrt sich Peter Högerl gegen das Klischee, am Schlaatz läge die Kriminalität höher als in anderen Stadtteilen: „Davon merken wir nichts.“ Wegen der Sprachbarriere ist es noch schwierig, Ausländer als Pächter in den Verein einzubeziehen. Drei russlanddeutsche Familien haben aber bereits eine Parzelle erhalten. Bei jeder Neuvergabe prüft der Vorstand die soziale Lage der Bewerber. „Wenn wir einem Arbeitslosen oder Sozialhilfeempfänger mit einem Garten helfen können, dann tun wir das“, erklärt Peter Högerl.

Erhart Hohenstein

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