Von Ariane Lemme: Schön – und schlau
Fachbereich Design der Fachhochschule präsentiert in „Applaus“ die besten Abschlussarbeiten
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Zum fünften Mal findet an diesem Wochenende die „Applaus“-Ausstellung der Fachhochschule Potsdam statt. Die 51 besten Absolventen des Fachbereichs Design präsentieren ihre Abschluss-Arbeiten im Foyer des FH-Neubaus an der Pappelallee. Sie alle beinhalten natürlich auch einen theoretischen Teil, haben aber - dem Studiengang geschuldet – natürlich auch visuell einiges zu bieten.
So etwa die Küchenserie „Culina“ von Nils Fischer. Der Produktdesigner hat eine Serie von Kochutensilien entwickelt, die speziell auf die Bedürfnisse von Blinden abgestimmt ist. „Der Ansatz war, Behinderung nicht als Nachteil zu begreifen, sondern als eine Gegebenheit“, erklärt der Absolvent. Zwar gäbe es eine breite Palette von Produkten für Blinde, doch die gingen manchmal an deren Bedürfnissen vorbei. So erscheine etwa eine sprechende Waage zunächst als brillante Idee, die aber vernachlässige, dass Blinde ein sehr sensibles Hörempfinden haben und damit ständig einer hohen Geräuschbelastung ausgesetzt sind. „Wenn dann beim Kochen eine quäkende Stimme das Gewicht des Zuckers verkündet, fördert das nicht unbedingt die Entspannung“, sagt Nils Fischer. Für seine Serie hat er die Arbeitsschritte von Blinden genau analysiert und festgestellt, dass diese viel zwischenlagern. Weil das Umkippen von ein Behältnis in ein anderes immer heikel ist, haben seine Schüsseln und Kannen je zwei Ausgänge. Indem man das Gefäß oben zusammendrückt, öffnet es sich an der Unterseite, gibt den Inhalt frei und kann dann neu befüllt werden. Schön sehen die in weiß und rot gehaltenen Utensilien außerdem aus.
Auch Henrike Mayers Abschlussarbeit verbindet schönes Design mit schlauen Inhalten: „King Kong“ ist ein monothematisches Magazin für „Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren“. Doch anders als die herkömmlichen Mädchenmagazine, in denen Frauen „in 30 Sekunden vom Subjekt zum Objekt gemacht“ würden, will sie mit „King Kong“ Kritik an herkömmlichen Geschlechterrollen üben und das saubere Image, das sonst oft suggeriert werde, in Frage stellen. „Deshalb habe ich in der ersten Ausgabe, die unter dem Thema ,Grenzüberschreitung’ steht, mit Dreck gespielt – zumindest gestalterisch“, sagt Mayer. Subversive Popkultur sei das, was sie entworfen habe, denn Normen will sie ihren Lesern nicht vermitteln. Ob es eine zweite Ausgabe geben wird, ist derzeit noch völlig ungewiss, bedauert Mayer, „dazu müsste sich erst einmal ein Verlag für mein Konzept interessieren“ .
Damit das vielleicht passiert, lädt die Hochschule jedes Jahr Vertreter der Industrie zu „Applaus“ ein. Walter Hardt, Professor für Umwelt und Produktdesign, hat die Ausstellung 2006 ins Leben gerufen, auch in diesem Jahr sorgt er dafür, dass alles an seinem Platz steht. Das Ausstellungsmobiliar haben seine Studenten in einer Projektwerkstatt selbst entworfen und gebaut. Die Ausstellung läuft nur bis zum morgigen Sonntag, begleitet wird sie durch eine Konferenz zum Thema: „Die Wiederkehr des 3-D-Effektes: Revolution oder Reaktion?“, die die Studenten der Europäischen Medienwissenschaften organisiert haben. Sie sind besonders stark vertreten, denn während bei den Designstudenten nur Arbeiten ausgestellt werden, die mit der Note 1,3 oder besser bewertet wurden, ist das „Applaus-Festival“ für die Medienwissenschaftler vor allem feierlicher Abschluss ihres Studiums. Wie viele der Absolventen später auch in Potsdam arbeiten, kann Walter Hardt nur schwer einschätzen: „Wir sind der Fachbereich mit dem höchsten Ausländeranteil an der Fachhochschule.“
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