Landeshauptstadt: Schreiben an den Ministerrat
LEUTE IN POTSDAM Als mit Beginn der 80er Jahre im Zentrum-Ost eine zweite Generation von Hochhäusern gebaut werden sollte, wandte sich Karl Eisbein mit einem Schreiben an den DDR-Ministerrat. Darin legte er dar, dass die Gebäude die so genannte Lange Sicht aus dem Park Babelsberg auf Brauhaus- und Telegrafenberg verstellen würden.
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LEUTE IN POTSDAM Als mit Beginn der 80er Jahre im Zentrum-Ost eine zweite Generation von Hochhäusern gebaut werden sollte, wandte sich Karl Eisbein mit einem Schreiben an den DDR-Ministerrat. Darin legte er dar, dass die Gebäude die so genannte Lange Sicht aus dem Park Babelsberg auf Brauhaus- und Telegrafenberg verstellen würden. Damit sein Anliegen nicht unter den Tisch fiel, schickte er den Brief auch an den Kulturattaché der Sowjetischen Botschaft – mit der Bitte, einen Erfahrungsaustausch mit den Leningrader Stadtarchitekten zu vermitteln, die den Umgang mit historischen Stadtbildern erläutern sollten. Das Schreiben löste einigen Wirbel aus. Der Fachbereichsleiter des Parks Babelsberg wurde von der Oberbürgermeisterin zum Gespräch bestellt. Die Häuser wurden dann nur sechsgeschossig gebaut – eines allerdings dennoch so, dass es den Blick auf die Lange Brücke verdeckt. Der Brief war typisch für die Kompromisslosigkeit des Gartenbauingenieurs, wenn es um die Bewahrung Potsdamer Gartendenkmale ging. In einem christlichen Elternhaus am Fuße des romanischen Domklosters Jerichow (Sachsen-Anhalt) aufgewachsen, verweigerte er die Jugendweihe – und der Staat ihm das Abitur. So konnte er nicht Archäologie studieren, sondern lernte Gärtner, machte an der Dresdner Fachschule seinen Ingenieur. In Sanssouci musste er sich gar gegen eine Kündigung am Ende der DDR-Zeit wehren. Schnee von gestern, meint Karl Eisbein: Als er vor wenigen Tagen 60 wurde, kamen nur Gratulanten, keine Kritiker. Der lange Zeit vernachlässigte Park Babelsberg hat unter Eisbeins Leitung, die er 1972 übernahm, sein ursprüngliches Gesicht wieder erkennbar werden lassen. Bis 1978 durfte er hin und wieder noch in den 14 Hektar großen Teil des Parks, der seit dem Mauerbau im Grenzgebiet lag – zum Müllabfahren aus dem noch bewohnten Maschinenhaus. Dabei registrierte er die Wunden, die das Grenzregime dem Gartendenkmal schlug. Diese Beobachtungen wollte er seinem Nachfolger übermitteln – doch dann kam 1989 die Wende. E.Hoh
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