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Damit der Bildschirm nicht schwarz wird. Fernsehtechniker Detlef Behrendt ist derzeit täglich in Potsdam im Einsatz, um analoge Satellitenanlagen umzurüsten. Wer wissen will, ob man in neue Empfangstechnik investieren muss, sollte auf Regen warten.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Schuften bis der Bildschirm schwarz wird

Am 30. April wird das analoge Satellitenfernsehen abgeschaltet – die Potsdamer haben noch viele Fragen

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Noch knapp acht Wochen. Detlef Behrendt zieht an der Zigarette und blickt zum grauen Himmel hinauf. „Viele Wolken heute“, sagt er zu seinem Kollegen Ricky Friedrich. Wolken sind nicht gut für den Empfang. Der Fernsehtechniker schnipst den Filterstummel zu Boden und greift wortlos zu dem Stück Aluminium, das Millionen von Menschen die Welt in ihre Zimmer holt – eine stoppschildgroße Satellitenschüssel. Sie soll aufs Dach.

Am 30. April wird das analoge Satellitenfernsehen abgeschaltet, um auf den Frequenzen Platz zu schaffen für neue Sender in besserer Qualität. Wer die alte Satellitentechnik vorher nicht umrüstet, sitzt dann vor einem schwarzen Bildschirm. Fernsehtechnikern in Potsdam beschert die Umstellung auf das digitale Fernsehen einen Aufschwung. Mit vielen Fragen kommen Zuschauer in die Geschäfte. Die Monteure und Techniker sind oft Wochen im Voraus ausgebucht, so auch bei Fernseh-Gäbler.

„Die Menschen sind verunsichert“, sagt Dirk Gäbler. Sein Vater Wilfried gründete vor 35 Jahren in Potsdam das Fernsehgeschäft. Es ist ein Anlaufpunkt für viele Potsdamer, die sich in Zeiten der analogen Abschaltung um ihren Fernsehempfang sorgen. Kann ich weiter sehen? Muss ich umrüsten? Die zum Teil aggressive Werbung einiger Kabelanbieter habe viele Fragen aufgeworfen, sagt Gäbler – oft seien sie unbegründet.

Wer bereits digitales Satellitenfernsehen empfängt, eine DVB-T-Zimmerantenne am Fernseher angeschlossen hat oder über Kabel guckt, kann sich zurücklehnen, sagt Gäbler. „Da ändert sich nichts.“ Die Abschaltung betrifft lediglich diejenigen, die ihr Fernsehprogramm analog über Satellit empfangen (siehe Kasten). Nur mit einem neuen Signalumsetzer vorn am Arm der Satellitenantenne und einem neuen Receiver im Wohnzimmer können sie ab 30. April weiter über Satellit fernsehen, das aber auch auf einem Röhrenfernseher. Etwa 150 Euro werden für den Umbau fällig, sagt Gäbler.

Ein Wechsel zum Kabelanbieter ist nur nötig, wenn man weiter analog empfangen will. Doch für die schlechtere Qualität werden monatliche Gebühren fällig. Für das analoge Versprechen haben die Kabelbetreiber tief in die Tasche gegrifffen: Auch sie verteilen lediglich Satelliten-Signale in ihr Netz. Anbieter wie Kabeldeutschland und Telecolumbus wandeln die digitalen Signale in ihren Kopfstationen in Potsdam mit spezieller Technik zurück in das analoge Format. „Es soll niemand gezwungen sein, zu wechseln“, sagt Telecolumbus-Chef Dietmar Schickel. Weiter sei im Potsdamer Kabelnetz beides mögliches: digital im Wohnzimmer und analog im Schlafzimmer. Irgendwann werden aber auch Kabelanbieter das analoge Fernsehen abschalten, sagt Schickel. „Wenn 85 Prozent der Zuschauer digital sehen.“ In Potsdam seien das bei Telecolumbus derzeit 40 Prozent.

Egal ob mit Kabel oder Satellit: Wer mit einem Flachbildschirm noch tiefer in die digitale Fernsehwelt eintauchen will, muss draufzahlen, sagt Gäbler. Hochauflösendes HD-Fernsehen biete scharfe Bilder, erfordere aber einen teureren Receiver mit Entschlüsselungskarte zum Empfang privater Sender in HD. Dafür werden Gebühren fällig – je Gerät. Wer eine DVB-T-Antenne hat, kann gar kein hochauflösendes Fernsehen empfangen.

Das Geschäft mit dem digitalen Fernsehen in Potsdam brummt, sagt Gäbler. Seit einem halben Jahr sind seine Fernsehtechniker Detlef Behrendt und Ricky Friedrich täglich unterwegs, um Satellitenanlagen umzurüsten. Freie Einsatztermine gibt es bis zum Abschaltdatum nur noch wenige. „Wir versuchen, für unsere Kunden alles möglich zu machen.“ Ohnehin rechne er damit, dass nach dem 30. April für einige das böse Erwachen erst komme. Das sei schon 2009 so gewesen, als das analoge Antennenfernsehen abgeschaltet wurde. „Das hat viele überrascht.“

Als die Wolkendecke kurz aufbricht, erhellt sich auch Detlef Behrendts Miene. Die neue Satellitenantenne hängt. Vorsichtig schiebt der Fernsehtechniker die Aluschüssel in die richtige Himmelsrichtung bis Musik aus seinem Messgerät dudelt. „Der erste Sender ist drin“, ruft er seinem Kollegen am Boden zu. „Irgendwas mit Pferden läuft“ – jetzt in digital.

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