Landeshauptstadt: Schulamt lehnt Kooperation mit Frühförderkreis ab
Sonderpädagogischer Bedarf wird weiter einseitig ermittelt/Beigeordnete Müller: Haltung „arrogant“
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Einer Mitarbeit regionaler Partner bei der Begutachtung von Potsdamer Kindern mit Förderbedarf hat das Staatliche Schulamt Brandenburg/Havel jetzt eine Absage erteilt.
Es sei aus der Sicht des Schulamtes nicht geboten, den in der Stadt bestehenden Arbeitskreis Frühförderung „institutionell auszuweiten“, heißt es in einem Ablehnungsschreiben des Amtsleiters Ulrich Rosenau an die Potsdamer Verwaltungsbereiche für Soziales und Bildung. Damit antwortete Rosenau auf ein Schreiben der Beigeordneten Elona Müller und Gabriele Fischer, die eine Kooperation zwischen dem Frühförderkreis und der schulamtlichen Begutachtungsstelle vereinbaren wollten. „Ich finde die Reaktion des Schulamtes voll daneben“, sagte die Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) enttäuscht. Es sei „arrogant“ auf ein solches Fachwissen zu verzichten.
Die Entscheidung, ob ein Kind im Einschulungsalter aufgrund seiner Schwächen oder Behinderung eine Förderschule oder eine Integrationsklasse in einer Regelschule besuchen soll, trifft zurzeit ausschließlich die Sonderpädagogische Förder- und Beratungsstelle Potsdam, die dem Staatlichen Schulamt zugeordnet ist.
Die Einschätzungen dieser Beratungsstelle hatte in der Vergangenheit in einigen Fällen für Kritik gesorgt (PNN berichteten). Nach nur kurzer Beobachtungszeit treffe die Sozialpädagogische Stelle eine Entscheidung von zukunftsweisender Tragweite, hatten besorgte Eltern der Kinder beklagt. Die Begutachtung erfolge, ohne die Einschätzungen von Frühförderstellen freier Träger, Therapeuten oder auch Kita-Erziehern, die die betreffenden Kinder schon über Jahre in ihrer Entwicklung begleiteten, kritisierte auch die Beigeordnete Müller. Aus diesem Grund und weil die Begutachtungen in der Vergangenheit mehrheitlich zu Ungunsten der Förderschulen ausgefallen war – was mittelfristig auch zur Schließung dieser für die Wahlmöglichkeiten wichtigen Einrichtungen hätte führen können – war der Arbeitskreis Frühförderung gebildet worden. Darin vereinen sich die regionalen Fachleute, deren Aufgabe die Förderung von Kindern mit entsprechendem Bedarf ist. Eine Kooperationsvereinbarung zwischen Frühförderkreis und Sonderpädagogischer Beratungsstelle sollte nun den dauerhaften Abgleich des Fachwissens sichern.
Es sei „weder sinnvoll noch zulässig, dass außerhalb der klaren und bewährten Zuständigkeit andere Koordinations- und Entscheidungsstrukturen geschaffen werden“, schreibt Schulamtsleiter Rosenau, schlägt aber vor, dass der Vorsitzende der Förder- und Beratungsstelle in Einzelfällen eventuell auf die „Erkenntnisse Dritter“ zurückgreifen solle. Die grundsätzliche Einbeziehung Dritter in das Feststellungsverfahren sonderpädagogischen Förderbedarfs sei aus Sicht des Schulamtes weder nötig noch wegen der daraus resultierenden zeitlichen und organisatorischen Belastung wünschenswert, so der Amtsleiter.
Die Sozialbeigeordnete will die Aussagen des Schulamtes nicht unbeantwortet lassen. Gemeinsam mit ihrer Amtskollegin Fischer und den Vorsitzenden der Ausschüsse Soziales, Jugendhilfe und Bildung, die den Frühförderkreis Ende vergangenen Jahres mit auf den Weg gebracht hatten, werde sie jetzt Ulrich Rosenau nach Potsdam einladen. In einem persönlichen Gespräch solle noch einmal für eine solche Kooperation geworben werden, sagte Müller. Nicola Klusemann
Nicola Klusemann
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