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Landeshauptstadt: Schulen müssen umgebaut werden

Behindertenforum: Potsdam hat großen Handlungsbedarf / Kritik an Lehrerausbildung des Landes

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Die Potsdamer Schulen schaffen zunehmend die Bedingungen für den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Kinder. Das teilte die Sozialbeigeordnete Elona Müller am Mittwoch auf dem 33. Behindertenforum im Haus der Begegnung in der Waldstadt mit. Im vergangenen Jahr trat die UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland in Kraft. Sie legt die „Inklusion“, das heißt gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen, fest.

Müller räumte ein, dass in den meisten Potsdamer Schulen die baulichen und personellen Voraussetzungen für „inklusives Lernen“ nicht gegeben seien. „Die Bedingungen müssen stimmen, damit Kinder mit einem Förderbedarf in der Regelschule nicht nur Misserfolge erleiden“, sagte sie. Es sei zu klären, wer die entstehenden Zusatzkosten bezahlt.

Uwe Plenzke, Direktor der Babelsberger Oberlinschule: „Wenn die Förderschüler morgen in die Regelschule gehen, können wir zumachen.“ Die Realität sei, dass der Bedarf an Plätzen an der Sonderschule zunehme. 1991 besuchten die Oberlinschule 70 Schüler, heute seien es 250. In diesem Jahr gehen 22 ab und es gebe bereits über 30 neue Anfragen. „Wir können nicht alle aufnehmen.“

Dietmar Weiberlein aus der Schulverwaltung sagte, dass Potsdam bei der inklusiven Bildung „noch ganz am Anfang“ stehe. Die Teilhabe von Kindern mit vielfältigen Behinderungen vom Autismus über geistige Behinderungen bis zu körperlich-motorischen Handicaps sei „schwer vorstellbar und sehr teuer.“ Gegenwärtig hätten die Förderschulen in Potsdam ihre Berechtigung.

Gerald Matthes, seit 1994 Professor an der Universität Potsdam, war früher einmal Lehrer. „Damals schickten wir Kinder, die nicht so recht mitkamen, in die Hilfsschule“, erzählte er. Er habe einmal einen „Hilfsschüler“ gefragt, ob er nicht an die „normale“ Schule zurückwolle und die Antwort erhalten: „Ja, aber Frau Lehmann muss mitkommen.“ Matthes mahnte den enormen Bedarf an Sonderpädagogen oder Lehrern mit einer Zusatzausbildung an und sagte sichtlich entrüstet: „Die Ausbildung von Sonderpädagogen hat das Land Brandenburg eingestellt; das ist einmalig in Deutschland.“

Die Vorsitzende des Sozialausschusses Jana Schulze (Linke) berichtete, dass am Leibniz-Gymnasium bereits mehrere behinderte Schüler lernen. Bis zum Jahre 2014 würden die Sanierungspläne für die Potsdamer Schulen umgesetzt und damit eine Voraussetzung für die Teilnahme aller Kinder am Regelunterricht geschaffen. Kritisiert wurde allerdings, dass das Leibniz-Gymnasium saniert wurde, aber keinen Fahrstuhl hat – eine Benachteiligung mobilitätsbehinderter Schüler. Der Behindertenbeauftragte Karsten Häschel sagte, das Thema „Inklusion“ betreffe nicht nur die Bildung, sondern die gesamte Gesellschaft. Die Möglichkeit zur Teilhabe Aller am öffentlichen Leben sei in vielen Bereichen nicht gegeben. Günter Schenke

Günter Schenke

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