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Von Jan Brunzlow: Schüler drohte mit Amoklauf an Montessori-Schule Neuntklässler soll per SMS an Mitschüler gedroht haben / 150 Schüler blieben aus Angst zu Hause

Potsdam-West - Ein Schüler der Montessori-Oberschule Potsdam ist nach Gewaltdrohungen gegen Schüler und Lehrer am Dienstag festgenommen worden. Kurz zuvor soll er in einer SMS einem Mitschüler gedroht haben, dass er in einer Gang sei und inzwischen viele Waffen hätte.

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Potsdam-West - Ein Schüler der Montessori-Oberschule Potsdam ist nach Gewaltdrohungen gegen Schüler und Lehrer am Dienstag festgenommen worden. Kurz zuvor soll er in einer SMS einem Mitschüler gedroht haben, dass er in einer Gang sei und inzwischen viele Waffen hätte. Zudem habe der 14-jährige D. telefonisch und im Internet mit Gewalt an der Schule gedroht. Die Polizei teilte gestern mit, der Junge wollte sich „eine Waffe besorgen und an der Schule Amok laufen“.

Der Schüler aus der Gemeinde Schwielowsee soll gelegentlich die Schule geschwänzt haben und durch sein Verhalten aufgefallen sein. Nach PNN-Informationen befand er sich seit Mitte Januar in stationärer psychiatrischer Behandlung. Die Potsdamer Kriminalpolizei hatte ihn am Dienstag in einer Klinik in Brandenburg an der Havel verhaftet und gestern vernommen.

Gegenüber der Kriminalpolizei habe er geäußert, keinen Amoklauf geplant zu haben, sagte Polizeisprecher Mario Heinemann gestern. Daher gehe die Polizei davon aus, dass „derzeit keine Gefährdung der Schüler und Lehrer an der Schule besteht“. Nach der Vernehmung sei er in die Obhut der Eltern gegeben worden. Aus Angst vor einem Amoklauf sind am Tag nach der Drohung allerdings etwa 150 Montessori-Schüler zu Hause geblieben. Damit waren etwa ein Drittel weniger Schüler da als normal, erklärte Schulleiterin Ulrike Kegler. Sie selbst habe die SMS an den Schüler nicht gesehen, eine Schülerin hätte sie von dem Vorfall unterrichtet. Danach seien die Eltern des Jungen als auch die Polizei informiert worden.

Seitens des Bildungsministeriums hieß es gestern, die Schulleiterin habe sich an die vereinbarten Regeln gehalten und unverzüglich Maßnahmen eingeleitet. Solche Drohungen seien keine Bagatelldelikte. Erst zu Beginn dieses Schuljahres hatte Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) Notfallordner für Amokfälle verteilen lassen. An brandenburgischen Schulen wird seitdem an eigenen Notfallplänen gearbeitet.

In Potsdam hat die Anzahl von Gewaltandrohungen an Schulen im vergangenen Jahr stark zugenommen. Laut Polizeistatistik gab es in der Landeshauptstadt 15 Fälle, die in Zusammenhang mit Amokdrohungen an Schulen gebracht werden können. Landesweit sind 57 Vorfälle von der konkreten Drohung bis hin zur Schulhof- Prahlerei gezählt worden, heißt es aus dem Landeskriminalamt. Dagegen hat es im Jahr 2008 zumindest in Potsdam keine solche Drohung gegeben. Viele der Fälle wurden als „Trittbrettfahrer“-Aktionen in Zusammenhang mit dem Amoklauf von Winnenden im vergangenen März gebracht, bei dem ein 17-Jähriger 15 Menschen getötet hat. Kurz danach hatte zum Beispiel ein Schüler der Steuben-Gesamtschule gedroht, „alle abzuknallen und bei den Lehrern zu beginnen“. Er wurde mit Jugendarrest bestraft, konnte allerdings gegen den Willen von Elternvertretern und Lehrern an der Schule bleiben.

Der jetzige Fall wird von Schulleiterin Ulrike Kegler anders eingeschätzt. Der Schüler sei seit zwei Jahren an der Schule und „hat schon an der Grundschule große Probleme gehabt“. Mit ihm sei viel gearbeitet worden in den vergangenen Monaten. „Ich glaube nicht, dass er gewalttätig ist, sondern nur verletzt“, so Kegler. Denn in den letzten Wochen hätten die Probleme im familiären Umfeld wieder zu einer Verschlechterung der psychischen Situation des Schülers beigetragen. Dass er künftig weiter an der Montessori-Schule lernen wird, schloss Kegler gestern aus. „Er braucht nun sehr viel Hilfe und eine neue Chance in einem neuen Umfeld.“

Bereits am Morgen hatte sich die Schulleiterin gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin und einigen Lehrern ins Foyer der Reformschule gestellt, um Eltern und Schüler über die Situation aufzuklären. „Die Eltern haben sehr besonnen reagiert“, sagte sie. Kegler, die mit der Schule und dem pädagogischen Konzept mehrfach ausgezeichnet worden ist, konstatierte: „Auch wir sind keine Insel der Seligen.“

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