Landeshauptstadt: Schulessen: Ermäßigt statt kostenlos
Bildungsbeigeordnete Fischer hält an bestehender Zuschuss-Praxis fest, will diese aber bekannter machen
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Ein kostenloses Mittagessen für Kinder aus einkommensschwachen Familien wird es in Potsdam vorerst nicht geben. Die Stadt bezuschusse aber weiterhin die Schulspeisung für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche, erklärte die zuständige Beigeordnete Gabriele Fischer (parteilos) gestern vor der Presse.
Es sei die Bundesgesetzgebung, die einem kostenlosen Schulessen entgegenstehe, argumentierte die Bildungsbeigeordnete. Gebe man den Kindern unentgeltlich eine warme Mahlzeit, so würde dies als „Naturalienwert“ berechnet und von den Sozialleistungen abgezogen. Die Familien erhielten also einen geringeren Essensbetrag, der schon jetzt laut Kenntnisstand der Beigeordneten bei monatlichen 77 Euro pro Bedarfsgemeinschaft liege. Eine solche Leistungskürzung drohe nun auch den Hartz-IV-Empfängern in Jüterbog, vermutet Fischer. Dort haben sich die Stadtverordneten gerade mehrheitlich auf die Einführung einer kostenlosen Schulspeisung für alle Grundschüler verständigt (PNN berichteten).
In Potsdam war es die Fraktion Die Linke, die die Verwaltung mit einer entsprechenden Prüfung beauftragt hatte. Allerdings sei dieser Prüfauftrag nach Auffassung des Linke-Fraktionschefs Hans-Jürgen Scharfenberg nicht erfüllt. „Es sollte eine Regelung zur Einführung von kostenlosem Schulessen gefunden werden“, so Scharfenberg. „Wir wollten nicht hören, was nicht geht.“ Außerdem gebe es mit der „Spirellibande“ bereits ein solches Angebot, so der Fraktionschef. Das in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt befindliche Projekt versorgt Grundschüler im Eltern-Kind-Zentrum am Stern unentgeltlich mit einer warmen Mahlzeit. Auch die Grundschule im Drewitzer Priesterweg hatte Bedarf angemeldet. Es sei immer noch in Prüfung, ob auch in Drewitz die Kinder kostenlos bekocht werden könnten. Es bleibe aber ein Projekt, so die Bildungsbeigeordnete: „Und deshalb rechtlich unproblematisch.“
Von den rund 16 000 Schülerinnen und Schülern in der Landeshauptstadt nähmen laut Fischer nur rund ein Drittel überhaupt an der Essenausgabe an den Schulen teil. Das Gros werde zu Hause versorgt oder kaufe sich selbst etwas zu essen, so die Beigeordnete. Von den etwa 3700 Kindern und Jugendlichen, die in der Schule essen, stammten 1500 aus sozial benachteiligten Familien. Diese könnten auf Antrag eine Ermäßigung des Essengeldes bekommen. Demnach zahlten Schüler der Klasse 1 bis 6 pro Mahlzeit 1,02 Euro und die der Klassen 7 bis 10 ermäßigte 1,28 Euro. Der reguläre Portionspreis liege je nach Anbieter zwischen 1,88 und 2,40 Euro. „Wir tun hier schon eine Menge“, betonte Fischer. Allerdings würde die Bezuschussung kaum abgerufen. So hätten im laufenden Schuljahr von den 1500 Schülern gerade mal 70 die Ermäßigung in Anspruch genommen. Das liege vermutlich daran, dass der städtische Zuschuss zur Schulspeisung kaum bekannt sei und auch am Antragsverfahren. Deshalb habe sich ihr Geschäftsbereich überlegt, dass die Eltern künftig direkt mit dem Caterer abrechnen und somit gleich den geringeren Betrag zahlen könnten. Bisher müssen die Eltern in Vorleistung gehen, eine Teilrückerstattung des Essengeldes erfolge quartalsweise. „Für jemanden, der genau haushalten muss, eine enorme Belastung“, erklärte Fischer. Gleiches gilt auch für den städtischen Haushalt, wenn ein kostenloses Schulessen für alle sozial Benachteiligten angeboten würde. Das nämlich hatte die Verwaltung auch geprüft und war auf Kosten von jährlich 610 000 Euro gekommen.
Nicola Klusemann
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