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Die SPD will lernschwache Kinder besser in Regelschulen integrieren. Die SPD-Fraktion beschloss dazu am Donnerstag bei ihrer Klausur in Joachimsthal mehrere Projekte.

© dpa

Potsdam: Schulsozialarbeiter sollen der Schule verwiesen werden

Das Rathaus will die Helfer künftig in den Jugendklubs stationieren und trifft damit auf heftige Kritik der Potsdamer Schulleiter.

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Potsdam - Die Stadt Potsdam will ihre Schulsozialarbeiter von den Schulen abziehen. Geplant ist, die zehn Helfer des Schulsozialarbeitsträgers „Paragraph 13 e.V.“ ab dem Jahr 2013 in den Potsdamer Jugendklubs einzusetzen. Sie sollen dort wieder mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben finden, statt in den Schulen bei Lehrermangel in Beschlag genommen zu werden. Das erklärte gestern Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger. Dem Willen des Rathauses nach sollen sich die Sozialarbeiter wieder verstärkt um Präventionsprojekte kümmern können, die möglichst allen Schulen in der Stadt zu Gute kommen.

Am Donnerstagabend stellte Müller-Preinesberger den Vorschlag – den sie als Aufschlag zur Debatte über ein Systemwechsel bezeichnete – gemeinsam mit Jugendamtsleiter Norbert Schweers im Sozialausschuss vor. Dort wurde der Aufschlag abgewehrt: Das Papier traf auf heftigen Widerstand einiger Potsdamer Schulleiter und dem Schulsozialarbeitsträger „Paragraph 13“. Vertreter der Linken kritisierten zudem, dass sich mit der Versetzung der Sozialarbeiter die Zugangshürden für die Schüler zur Sozialarbeit erheblich erhöhen würden. Im Ausschuss wurde der Vorschlag in die Unterausschüsse zurückverwiesen.

Werner Lindner, Leiter der Kollwitz-Oberschule, zeigte sich zufrieden. Zuvor hatte er die geplante „Abschaffung der Schulsozialarbeit“ als radikale Lösung kritisiert. „Schulsozialarbeit gehört in die Schulen vor Ort“, sagte Lindner. Gemeinsam mit den Schulleitern der Steuben-Gesamtschule, der Weidenhof-Grundschule und der Fröbelschule wolle man für den Erhalt der Sozialarbeit in den Schulen kämpfen. In einem Positionspapier mahnen die Direktoren: Schulsozialarbeiter könnten von den Jugendklubs aus ihre wesentlichen Aufgaben nicht erfüllen. Vertrauen ginge verloren. „Wir plädieren für den Ausbau von Schulsozialarbeit“, heißt es stattdessen. „Ich habe die Bitte von vielen Schulleitern in Potsdam: Geben sie den Entwicklungsstand nicht auf“, sagte Lindner.

Auch Florian Förster, kommissarischer Leiter des Schulsozialarbeitsträgers „Paragraph 13“, kritisierte den Vorschlag der Stadt. Die Schulsozialarbeiter vor Ort seien die „Strippenzieher, Türöffner und Scharniere“ zur Jugendhilfe. Nur als dauerhafte Ansprechpartner könnten Schulsozialarbeiter Vertrauen schaffen und Probleme, wie beispielsweise Missbrauchsfälle in Familien, aufdecken. In den Jugendklubs würden die Schulsozialarbeiter nur etwa fünf bis zehn Prozent der Schüler erreichen, weil nur wenige Schüler die Klubs besuchen.

Die Sozialbeigeordnete Müller-Preinesberger steuerte dagegen: „Es besteht Handlungsbedarf. Das System Schulsozialarbeit ist nicht effektiv und effizient“, sagte sie den PNN. Eine Evaluation der Schulsozialarbeit habe ergeben, dass die Helfer 70 bis 80 Prozent ihrer Arbeit mit Einzelfallhilfen verbringen. Statt vielen zu helfen, erreichen sie wenige.

Auch Jugendamtsleiter Schweers sieht Verbesserungsbedarf. „Die Schulsozialarbeiter kommen nicht zu der Arbeit, die die Stadt für sie sieht.“ Sie würden in der Schule mit einzelnen Problemen überhäuft. Die geleistete Arbeit sei zwar gut, aber in der Stadt gebe es ein alternatives System von flexiblen Einzelträgerhelfern, die bei Einzelfällen kompetent und schnell eingreifen könnten. Künftig könnten diese Einzelfallhelfer stärker in die Sozialarbeit eingebunden werden, schlug er vor. Statt an die Schulsozialarbeiter vor Ort könnten sich Lehrer und Eltern, wenn sie Probleme erkennen, direkt an die Einzelfallhelfer wenden.

Derzeit gibt die Stadt jährlich 435 000 Euro für die zehn Schulsozialarbeiter aus. Würden alle 40 Potsdamer Schulen mit eigenen Sozialarbeitern versorgt, hätte die Stadt Kosten von rund 1,7 Millionen Euro zu tragen, rechnete Schweers vor. Das Land lehne zusätzliche Mittel für mehr Schulsozialarbeit ab – ein Problem aus Schweers Sicht: Auch das Land könne sich mit seinen Schulen nicht aus der Verantwortung ziehen, so Schweers. „Schulen sind Einrichtungen, in denen Erziehung stattfindet. Wir fliegen nicht als Problemlöser ein“, sagte er.

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