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Aus dem GERICHTSSAAL: Schuss direkt ins Auge

Täter erhält Freiheitsstrafe auf Bewährung / Gericht: Opfer trägt Mitschuld an dem Geschehen

Stand:

„Ich wollte die Schreckschusspistole nicht einsetzen. Ich habe sie nur zur Abschreckung mitgenommen“, beteuerte Tim T.* (24) gestern vor Gericht. Geschossen hat er dennoch – und zwar direkt ins Gesicht von Gernot G.*. Der 27-Jährige wurde erheblich am linken Auge verletzt, musste dreimal operiert werden. Amtsrichter Francois Eckardt verurteilte Tim T. wegen gefährlicher Körperverletzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Außerdem muss der Arbeitslose – er stand während der Tat unter Alkohol- und leichtem Drogeneinfluss – 1000 Euro Schmerzensgeld an sein Opfer zahlen. Der Mitangeklagte Leon L.* (25) wurde vom Vorwurf der Anstiftung zur Körperverletzung mit Waffen freigesprochen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

„Hätte der Mann sein Augenlicht verloren, wären Sie ins Gefängnis gewandert“, wandte sich die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft an Tim T. Doch auch Gernot G. träfe eine Mitschuld an dem Geschehen. Schließlich sei der ebenfalls Angetrunkene in der Nacht des 26. April 2009 aktiv auf die Provokationen des Angeklagten und seiner Kumpels eingegangen. Tim T. gab sich während des Prozesses reumütig, erzählte allerdings eine gänzlich andere Geschichte als sein Kontrahent Gernot G. „Ich feierte mit Freunden in meiner Wohnung in der Saarmunder Straße. Plötzlich hörte ich, wie unten zwei Leute herumgrölten. Wir konnten die Musik gar nicht mehr verstehen“, so Tim T. Also habe er das Fenster geöffnet, die Schreihälse zur Ordnung gerufen. „Aber die meinten nur, kommt runter, wenn ihr was wollt.“ Vor der Haustür seien er und seine Freunde gleich von Gernot G. und dessen Begleiter mit hocherhobenen Flaschen empfangen und zurück in den Flur gedrängt worden. „Ich habe bestimmt sechsmal gesagt, verpisst euch, sonst drücke ich ab. Doch die sind einfach nicht gegangen“, erklärte Tim T. „Ich fühlte mich bedroht, da habe ich geschossen. Das war so nicht geplant. Mein Kumpel Leon hat mich aber nicht dazu angestiftet, wie es in der Anklage steht.“

„Ich kam mit meinem Freund von der Baumblüte. Der wohnt ganz in der Nähe des Angeklagten“, berichtete Gernot G., der im Prozess als Nebenkläger auftrat. „Wir waren gut drauf, aber nicht sinnlos betrunken.“ Auf einmal seien sie aus einem Fenster heraus angepöbelt und bespuckt worden. „Ich fragte, was das soll und wollte die Sache klären. Der Angeklagte kam herunter und hielt mir die Waffe 20 Zentimeter vor das Gesicht. Ich konnte direkt in den Lauf gucken, da hat es auch schon geknallt“, erinnerte sich Gernot G. „Ich ging zu Boden. Mein Auge brannte wie Feuer. Schmauchpartikel waren in die Haut eingedrungen. Zum Glück trug ich an diesem Abend Kontaktlinsen. Sonst wäre vielleicht noch mehr passiert.“ Der ebenfalls als Zeuge geladene Freund des Verletzten gab zu: „Nach dem Schuss habe ich eine Flasche in Richtung der Angreifer geworfen. Die ist aber am Türrahmen zersplittert.“ „Das nächste Mal gehen Sie einfach unten auf der Straße vorbei. Dann kommen Sie nicht in solche Situationen“, riet der Vorsitzende Gernot G. und seinem Bekannten. (*Namen geändert.) Hoga

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