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Landeshauptstadt: Schutz im Einerlei

Für den ZDF-Film „Verdammtes Leben“ wurden 70 Siedlungen inspiziert. Die Wahl fiel auf Fahrland

Stand:

Eine neue Identität beginnt im Austauschbaren. In einer Allerwelts-Neubausiedlung aus Musterhäusern mit regionsneutralem Hinterland.

Die Suche nach dem Einerlei habe lange gedauert, sagt Christian Rohde, Produzent bei teamWorx. In Vorbereitung auf die ZDF-Produktion „Verdammtes Leben“ unter Regie von Andreas Senn hätten die Location-Scouts über siebzig Siedlungen im Berliner Umland durchforstet, so Rohde. Bis das Ideal im Märkerring in Fahrland gefunden worden sei. In der Siedlung reihen sich backstein-verkleidete Doppelhaushälften mit Walmdächern aneinander. Die kleinen Gärten sind von kniehohen Holzzäunen gerahmt. In Pflanzsteinen blühen Astern und Hängegeranien. Hier liegt für zweieinhalb Wochen „Naalbach“, ein Phantasiedorf, in dem Vera Grote (Katharina Wackernagel) gemeinsam mit ihrem Ehemann Mischa (Matthias Koeberlin) und Sohn Leo ein beschauliches Leben führt. Nicht einmal ihr Mann Mischa weiß, dass Vera vor acht Jahren in Berlin gelebt hat – unter einem anderen Namen. Sie hat den Versuch, ihren damaligen Freund, Chef einer Bande von Schwerkriminellen, zu verlassen, seinerzeit fast mit dem Leben bezahlt. Mit ihrer Aussage hat sie ihn und seine kriminellen Freunde ins Gefängnis gebracht und im Zeugenschutzprogramm mutig ein neues Leben begonnen. Unauffällig, aber glücklich. Bis ihr ehemaliger Freund und seine Bande wieder auf freiem Fuß sind

„Mich hat die Doppelbödigkeit an dieser Figur gereizt“, sagt Katharina Wackernagel. Damit der Zeugenschutz funktioniere, müsse das alte Leben komplett ausgelöscht sein. „So sind Menschen aber nicht – sie erinnern sich“, erklärt die Schauspielerin. Dieser Zustand spalte die Figur in zwei Frauen: Die eine, die Angst hat und leide und die andere, die geborgen in der Gemeinschaft aus Familie und Nachbarn aufgehe.

Bis die Vergangenheit rausgelassen wird. „Es ist schon erstaunlich, in welche Form von Hysterie man sich steigern kann“, sagt Wackernagel. Die traute Welt wird verzerrt. Plötzlich sei jeder verdächtig, könnte ein Verräter sein. „Und du weißt genau: Wenn die dich kriegen, knallen die dich einfach ab.“ Das sei das interessante an dem Stoff: Spannung werde nicht durch Gewalt erzeugt, sondern durch die latente Bedrohung. Vera dreht fast durch. Sie will sich jemandem anvertrauen, darf aber zu ihrer eigenen Sicherheit nicht. „Das macht sie fast verrückt“, schildert Wackernagel die von ihr verkörperte Frau. Und wie geht es aus? „Über das Ende eines Films rede ich ungern“, sagt die Schauspielerin. Nur so viel: „Es gibt am Schluss eine Aussage, die passend und nachvollziehbar ist.“

Bis zum 17.Oktober nun ist „Naalbach“ in Fahrland ihr Arbeitsplatz, ihr Zuhause. Viel habe sie von dem Ort noch nicht gesehen, nur die zwei, drei Häuser in der Straße, sagt die Wahlberlinerin, die vor allem die Rückzugsmöglichkeiten einer Großstadt schätzt. Eine solche Siedlung sei „Geschmackssache“, sagt sie. Man wohne „nah aneinander dran“, zu nah, um Privatsphäre zu haben. „Wenn sich aber alle gut verstehen und die Nähe schätzen, kann das hier auch sein wie eine riesengroße WG.“

Bisher ist der Märkerring allerdings noch spärlich bewohnt. Das Produktionsteam konnte sich so gleich mit Maske und Garderobe in mehreren Gebäuden ausgebreitet. Die meisten Häuser seien noch im Rohbauzustand. „Ideal für uns“, erklärt teamWorx-Produzent Rohde. So habe man die Innenausstattung des Hauses der Familie Grote selbst gestalten können. Tapeten, Jalousien, Gardinen und Vorhänge blieben nach Drehschluss drin. Die könnten die künftigen Käufer auf Wunsch mit erwerben.

Einen Sendetermin für den ZDF-Film gebe es noch nicht, so Rohde. Der werde beizeiten nachgereicht.

Nicola Klusemann

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