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Landeshauptstadt: Schwangere fast von Eiche erschlagen Teile des 200 Jahre alten Baums stürzten auf Weg im Neuen Garten – nur drei Meter vor Spaziergängern

Von Juliane Wedemeyer „Ein paar Sekunden später und..

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Von Juliane Wedemeyer „Ein paar Sekunden später und...“, Isolde Krupok mag sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der 40 Zentimeter dicke Ast sie getroffen hätte. Die schwangere Frau war gestern Vormittag gegen 11 Uhr mit ihrer Freundin im Neuen Garten spazieren gewesen. Im Kinderwagen mit dabei: Krupoks 16 Monate alter Sohn und die ebenso alte Tochter der Freundin. Dass die vier plus dem ungeborenen Baby mit dem Schrecken davon kamen, verdanken sie dem Kind der Freundin. Weil das Mädchen zu „quengeln“ begonnen hatte, waren die Frauen stehen geblieben, um es mit einem Ball abzulenken. „In diesem Moment hörten wir ein Knacksen und dann einen Riesenknall.“ Knapp drei Meter vor ihnen sei der zehn Meter lange Ast auf den Uferweg gestürzt. „Höhere Gewalt“, sagt Sven Kerschek dazu. Auch dem Revierleiter der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten sei ein „Riesenschreck in die Glieder gefahren“, als er kurz darauf die betroffene Wegstelle sah. Obwohl herabfallende Äste für ihn nichts Neues sind: „Wir stehen jedes Jahr vor diesem Problem und können nichts machen.“ Vor einigen Jahren sei sogar ein Radler leicht verletzt worden. In den trockenen Sommermonaten brechen an vielen alten Eichen im Park unerwartet gesunde Äste ab. Und das bei schönstem, windstillem Wetter. Der Grund: Blattwerk und Eicheln machen die Zweige schwer. Gibt es im Astinneren eine morsche Stelle, kann er die Last nicht mehr tragen und bricht. Der beginnende Fäulnisprozess im Eichenast, der gestern fast die beiden Potsdamer Mütter mit ihren Kinder erschlagen hatte, sei laut Kerschek von außen nicht sichtbar gewesen. Noch am Morgen sei der Gartenbauingenieur – wie jeden Tag – durch den Park gegangen und habe nichts Auffälliges entdeckt. Ob ein nach außen vitaler Baum von innen fault, kann nur mit Bohrproben oder Ultraschalluntersuchungen festgestellt werden. Bohrproben kämen für Kerschek aber nicht in Frage. Durch die entstehenden Löcher würden Feuchtigkeit und Schimmelpilze erst in die Pflanzen eindringen. Bleibt das Ultraschallverfahren, doch das sei zu teuer: 200 bis 300 Euro pro Baum würden Fachfirmen laut Kerschek verlangen. Wenn er alle alten Bäume im Neuen Garten auf diese Weise prüfen lassen würde, würde er „die Stiftung in den Ruin treiben.“ Darum werde die Ultraschallmethode nur bei wirklich verdächtigen Bäumen angewandt – sechs bis sieben im Jahr. Der Rest werde „visuell“ geprüft, an besonders krummen Stämmen an Wegen rüttelt Kerschek auch hin und wieder: Der Zugtest. So untersucht er seine Bäume einmal im Juni, wenn der Baum Laub trägt, dann erst wieder blattlos im Februar. Eine absolute Sicherheit vor herab fallenden Baumteilen gäbe es also nicht, so Kerschek. Dafür müsste man alle alten Bäume, die an Wegen stehen, „abhacken“ und das würde „die Parkstruktur zerstören.“ Trotzdem sollten sich die Besucher nicht abschrecken lassen. Tatsächlich von einem Baum getroffen zu werden, sei äußerst unwahrscheinlich. Der gewaltige Eichenast, der gestern auf den Uferweg am Roten Haus schlug, war innerhalb zweier Stunden entfernt worden. Und der Uferzaun, den er im Sturz eingerissen hatte, soll in den nächsten Tagen repariert werden.

Juliane Wedemeyer

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