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Aus dem GERICHTSSAAL: Schwangerschaftsabbruch nach Morddrohung

Türke schweigt zum Vorwurf der Nötigung im besonders schweren Fall

Stand:

Sein Mandant mache weder Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen noch zum Anklagevorwurf der Nötigung im besonders schweren Fall, erklärt Rechtsanwalt Steffen Sauer zum Prozessauftakt. So wird gleich die erste und einzige Zeugin in den Verhandlungssaal gerufen. Die Aussage fällt Gloria G.* (37) nicht leicht. Immer wieder kämpft sie mit den Tränen. Ugur U.* (29) war einmal ihr Partner. Er war auch Vater eines Kindes, das Gloria G. am 21. August vorigen Jahres gegen ihren Willen abtreiben ließ. Aus Angst, wie sie mehrfach versichert. Als sie dem Türken Anfang August von der Schwangerschaft erzählte, soll er ihr mit erhobenen Fäusten gedroht haben: Wenn du nicht in der Lage bist, das Kind wegmachen zu lassen, dann bringe ich dich um! Gloria G. suchte Rat bei verschiedenen Institutionen, ging schließlich den Schritt, der sie noch heute sehr belastet.

Obwohl Ugur U. damals in einer Scheinehe lebte, Gloria G. von ihrem Ehemann noch nicht geschieden war, hatten beide – laut ihrer Aussage – an eine gemeinsame Zukunft mit Kindern gedacht. „Er sagte, ich sei die Frau seines Lebens. Plötzlich passte ein Kind nicht mehr in seine Planung. Die Verantwortung war ihm zu groß“, erinnert sich die Zeugin. „Ich bat ihn, die Wohnung zu verlassen. Danach hat er mich noch mehrfach angerufen. Da ging es immer um das selbe Thema.“

„Am 14. August haben Sie dann eine SMS vom Angeklagten bekommen“, ergänzt Amtsrichterin Kerstin Nitsche nach einem Blick in die Akte. „Er schreibt: Wenn du die Entscheidung alleine triffst, wirst du auch allein dastehen.“ Dies – so die Vorsitzende – sei zwar auch nicht nett, aber das Gegenteil einer Morddrohung. Der Verteidiger bringt einen Zettel ins Spiel, den sein Mandant in den Briefkasten von Gloria G. warf. Darauf entschuldigt er sich für sein Verhalten, bittet um eine Aussprache. Gloria G. wandte sich stattdessen an ihren Bruder, einen Polizisten. Der empfahl ihr, Ugur U. anzuzeigen. „Woher stammt diese Panik vor einer Drohung, die zwar nicht ohne ist, die der Angeklagte aber kurz darauf zurückgenommen hat“, versucht die Richterin zu ergründen. „Ich empfand es als unverantwortlich, das Kind zu bekommen“, antwortet die Zeugin. „Nach der Morddrohung hatte ich einfach keine Entscheidungsfreiheit mehr. Ich hatte auch Angst, dass er meinem anderen Kind etwas antun könnte, falls ich nicht abtreibe.“ Nach dem Eingriff sei sie lange Zeit krankgeschrieben gewesen, befände sich noch heute in psychologischer Behandlung. Zudem habe sie ihre Arbeit verloren, berichtet die Logopädin. Die Verhandlung wird am 26. Mai fortgesetzt. Dann soll auch das Urteil gesprochen werden. (*Namen geändert.) Hoga

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