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Landeshauptstadt: Schwarzer Samt für Friedrichs Leiche

Skizzen, Drehbücher und zwei Puppen: Szenenbildner Hans Jürgen Deponte feiert seinen 70. Geburtstag und macht dem Potsdamer Filmmuseum Geschenke

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Hans Jürgen Deponte hat schon Friedrich II. begraben und für Komponist Mozart das Klavier ausgerichtet. Für Hans im Glück suchte der Potsdamer eine Wiese aus und staffierte auch noch einer Hamburger Sextelefonistin in Potsdam eine Wohnung aus. „Etwas kitschig, aber nicht puffig. Viel Gold, Plüsch und Nippes“, sagt Deponte und fertig war die verbalerotische Szene – natürlich für einen Film.

Graue Stoppelhaare, runde Brille, freundliches Gesicht. Hans Jürgen Deponte ist ein Urgestein der Potsdamer Filmgeschichte – und am heutigen Dienstag wird er siebzig Jahre alt. Geschenke erwartet der Szenenbildner zu seinem Jubiläum nicht. Lieber macht er welche. Drehbücher, Entwürfe, Bauzeichnungen, Skizzen, Malereien und zwei kleine Spielpuppen – die er als Talisman in den meisten seiner Filme versteckt in der Dekoration unterbrachte – hat der gebürtige Oberschlesier dem Filmmuseum vermacht.

Eine Sammlung mit 120 Objekten. Es hätten noch mehr sein können, hätte er nicht in jüngeren Jahren viele Entwürfe von romantischen Kaminzimmern, einsamen Parks, futuristischen Restaurants oder gläsernen Instituten an Regisseure und junge Schauspielerinnen verschenkt – „aber pssssssst", fügt Deponte gleich an: „Wir sind hier beim Film.“

Ein kräftiges Lachen begleitet den Potsdamer bei vielen seiner Sätze. Hinter der Kamera, sagt Deponte, hatte er schon immer Übermut. Seit 42 Jahren ist er glücklich mit seiner Frau Marlies verheiratet und es war seine Tochter Nora, die die Puppen bastelte, die in vielen seiner Szenen auftauchten und nun mit ins Archiv wandern. Für rund 20 Filme realisierte Deponte die Sets, darunter „Der Straß“ und „Zirri, das Wolkenschaf“. Zudem schuf er Bühnenbilder, stattete die Metropolis-Halle in Babelsberg aus und konstruierte den samt-schwarzen Baldachin, unter dem die Gebeine Friedrich II. im Jahr 1991 in Potsdam begraben wurden.

Für das Filmmuseum sind Depontes Werke ein Geschenk zur richtigen Zeit, sagt Sammlungsleiterin Dorett Molitor. Seit April vergangenen Jahres arbeiten sechs Wissenschaftler die rund 15 000 Objekte auf, die das Museum von anderen Szenenbildnern gesammelt hat. Jetzt kommen Depontes hinzu. Am Ende sollen sie katalogisiert und archiviert werden. Auch eine Ausstellung ist geplant.

„Sie haben mich überzeugen können, dass sie meine Arbeit mit Liebe und Sorgfalt bearbeiten“, sagt Deponte. Auf einem Tisch im Schaudepot des Museums liegen seine Zeichnungen und Storyboards. Viele Drehbücher, die der Szenenbildner einst in der Hand hatte, sind bemalt wie Schulhefte mit Bilder von Szenen.

Nach der Schule absolvierte Deponte in Potsdam eine Lehre zum Stubenmaler. Tapezieren und spachteln, „das hat Muckis gegeben.“ Die Nähe zum Handwerk, der Respekt, sei geblieben.

Deponte ist, wie er sagt, ein „Defarianer“. 1970 begann er bei der Defa und studierte später. Der Szenenbildner war einer der wenigen, die nach dem Mauerfall vom neuen Studio Babelsberg übernommen wurden. Für den neuen Chef Volker Schlöndorff richtete Deponte das Büro ein. „Alles vom Feinsten.“

„Früher habe ich gedacht, die Szenenbildner machen sich einen Lenz und reisen in der Weltgeschichte umher.“ Aber Film sei nicht nur Spaß. „Du musst Ergebnisse bringen.“ Die Szenen dürfen nicht teuer sein. Auf der Suche nach Drehorten war der Hobby-Bonsai-Züchter unter anderem in Vietnam, Kuba, Frankreich und Kenia unterwegs. Seinen letzten Film, „Akzident Liebe“, stattete er im Jahr 2003 aus. „Ich bin froh, dass ich Teil des Ganzen war“, sagt Deponte. Noch immer lässt er seiner Kreativität freien Lauf und richtet anderer Menschen Wohnungen ein.

Zu Depontes Geburtstag zeigt das Filmmuseum am Sonntag, dem 9. Dezember, um 11 Uhr den Film „Trillertrine“. Ein aufwendiger Film, sagt Deponte. „Viel Maske, viel Kostüm.“ Was er nicht sagt: auch viel Szene. „Aber das Szenenbild darf nie vordergründig sein.“ Das sei eine goldene Regel. „Der muss man sich fügen.“ Tobias Reichelt

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