Landeshauptstadt: Schwerer Stand für Stromkonzern
350 Besucher bei Bürgerversammlung in Marquardt zu umstrittenen Stromleitungsplänen
Stand:
Marquardt - Die Gesundheit der Bürger von Marquardt sollte dem Stromkonzern Eon Edis mehr wert sein als seine wirtschaftlichen Interessen: Diese Forderung haben gestern etliche aufgebrachte Anwohner bei einer Bürgerversammlung in der Kulturscheune ihres Ortsteils erhoben. Vor rund 350 Zuschauern trafen sich dort Vertreter der Stadtverwaltung, des Ortsbeirats und des Stromkonzerns Eon Edis, um über die umstrittenen Pläne des Konzerns zu debattieren, der die Stromleitung, die den Ortsteil seit 1936 durchschneidet, „rekonstruieren“ will.
Erstmals nannte Harald Bock, Netztechnikchef bei Eon Edis, konkrete Zahlen für das Vorhaben. Die Leitung soll für sieben Millionen Euro saniert werden. Bei solchen Erneuerungen sei der Konzern angehalten – auch von der Bundesnetzagentur – die schon vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Allerdings sagte er auch, dass alle Bürger bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Bergbauamt beim Landeswirtschaftsministerium, ihre Bedenken abgeben könnten. Vor einer Entscheidung der Behörden über das weitere Verfahren habe Eon Edis weitere Planungen gestoppt. So könnte auch nicht – wie ursprünglich geplant – die Trasse im Jahr 2012 fertig erneuert werden, so Bock weiter. Zugleich räumte er ein, dass im Zuge der Rekonstruktion einzelne Masten der Leitung um drei bis sieben Meter erhöht werden müssten – und durch die Masten zu bestimmten Zeiten mehr Strom als bisher fließt.
Den Hintergrund dafür erklärte Harald Schwarz vom Lehrstuhl für Hochspannungstechnik an der Technischen Universität Cottbus: Da das Land Brandenburg in den kommenden Jahren mehr Windstromenergie in andere Bundesländer liefern will, müsse entsprechend auch das Stromnetz angepasst werden. Insofern könne auch das elektromagnetische Feld, dass die Trasse in Marquardt abstrahlt, sich erhöhen. Gleichwohl betonte Schwarz, auch eine vielfach geforderte Erdverlegung der Trasse durch Marquardt könne für das Problem keine Lösung bringen: „Man sie die Leitung dann bloß nicht mehr, aber sie ist näher dran.“
Insofern forderten viele Anwohner, dass die Leitung am Ort vorbeigeführt wird. Das sieht auch Baudezernent Matthias Klipp (grüne) so – auch in Bezug auf den Ortsteil Golm, der von der Trasse auch durchschnitten wird. „An dieser Stelle blockiert die Freileitung die Entwicklung des Wissenschaftsparks.“ Auch die Stadt- und Landespolitik mischte mit: So kündigte Linke-Stadtfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg an, seine Linke-Fraktion im Landtag werde mit einem Gesetzentwurf der Brandenburger Grünen und der FDP im Land, der eine verpflichtene Erdverkabelung in sensiblen Bereichen vorsieht, „positiv umgehen“.
Der Anwohner Josef Grütter forderte, Eon Edis müsse sich bei allen Planungen an den internationalen Vorsorgegrenzwert der Weltgesundheitsorganisation für elektromagnetische Felder halten, der viel niedriger sei als der in Deutschland geltende. Bürger äußerten ihre Angst vor Krebs und Herzkrankheiten: „Unsere Kinder stehen unter Strom.“ H. Kramer
H. Kramer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: